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456 Zur Genealogie der Moral

siecle avait encore de chevaleresque et de seigneurial. On comprend la colere
des hommes de force et de violence qui le combattaient, en se sentant enlaces
par cette diplomatie hypocrite. On admire le rugissement de lion que poussa
Charles le Temeraire aux prises avec son inextricable reseau: Je combats, —
s'ecrie-t-il dans une proclamation, — l'universelle araignee.' Il la combattit en
vain. C'etait l'araignee magique des legendes, qui enferme un heros dans ses
toiles aussitöt refaites que rompues: il a beau les trouer ä grands coups d'epee,
la prison subtile se dedouble et se multiplie." (Saint-Victor 1867, 144. „Seine
Politik war zweideutig und dubios wie sein Charakter, bestimmt von Überwa-
chung, Inquisition und Spionage. Sie flößte dem, was dieses Jahrhundert noch
an Ritterlichkeit und Vornehmheit hatte, Entsetzen ein. Wir verstehen den Zorn
der starken und gewalttätigen Männer, die gegen ihn kämpften und sich von
dieser heuchlerischen Diplomatie umgarnt fühlten. Wir bewundern das Löwen-
gebrüll, mit dem Karl der Kühne in den Kampf mit seinem unentwirrbaren
Netz stieß: ,Ich bekämpfe, - rief er in einer Proklamation aus, - die universelle
Spinne.' Er hat sie vergeblich bekämpft. Es war die magische Spinne der Legen-
den, die einen Helden in ihren Netzen gefangen nimmt, ihn aufrichtet, um ihn
sogleich wieder zu brechen: Egal wie hart er sie mit seinem Schwert trifft, das
subtile Gefängnis verdoppelt und vervielfacht sich.") Vgl. zu Saint-Victor auch
NK 367, 14-16.
358, 4-9 Wir vergewaltigen uns jetzt selbst, es ist kein Zweifel, wir Nussknacker
der Seele, wir Fragenden und Fragwürdigen, wie als ob Leben nichts Anderes
sei, als Nüsseknacken; ebendamit müssen wir nothwendig täglich immer noch
fragwürdiger, würdiger zu fragen werden, ebendamit vielleicht auch würdi-
ger — zu leben?...] Im Druckmanuskript lautete die Stelle ursprünglich: „Wir
knacken heute an uns herum, wie Nußknacker der Seele, als ob wir nichts als
Nüsse und Räthsel wären; gewiß ist, daß wir eben damit uns täglich räthselrei-
cher werden, daß wir das Leben selbst immer zärtlicher um unsrer Räthsel-
mann-Natur willen lieben - lieben lernen!" (GSA 71/27,2, fol. 19r) Diese Version
ist mit blauem Farbstift durchgestrichen; ein beigelegter Zettel von N.s Hand
ergänzt die neue, schließlich gedruckte Version.
358, 11-16 Die Ehe zum Beispiel schien lange eine Versündigung am Rechte der
Gemeinde; man hat einst Busse dafür gezahlt, so unbescheiden zu sein und sich
ein Weib für sich anzumaassen (dahin gehört zum Beispiel das jus primae noctis,
heute noch in Cambodja das Vorrecht der Priester, dieser Bewahrer „alter guter
Sitten").] Hier ist es wiederum zeitgenössische rechts- und kulturhistorische
Literatur, aus der N. seine Informationen besorgt, vgl. z. B. Kohler 1885a, 7
(mit N.s doppelter Anstreichung bei der Erwähnung des jus primae noctis, des
„Rechtes der ersten Nacht", d. h. eines Höhergestellten, anstelle des Bräuti-
 
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