Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Stellenkommentar GM III 25, KSA 5, S. 404 581

das Centrum der Welt, und daher versäumen, uns in Gedanken auf den helio-
centrischen Standpunct zu stellen" (Bilharz 1879, 131, letzter Teil von N. mit
Randstrich markiert). N. hat den Hauptgedanken - wie Riccardi 2007, 369 f.
nachgewiesen hat - in NL 1880, KSA 9, 6[413], 304, 14-16 verdichtet: „Wir sind
die Bewegten, welche sich um die Dinge bewegen: wir stehen nicht still,
das Umgekehrte ist wahr von dem, was der Augenschein ist." Der letzte Aspekt
kehrt in JGB 12, KSA 5, 26, 23 f. wieder, während GM III 25 an der Geschichte
der Dezentrierung interessiert ist, die mit Kopernikus beginnt und sich mit
Kant fortsetzt.
404, 21 in's „durchbohrende Gefühl seines Nichts"?] KGW IX 7, W II 3, 110,
13 u. 22-25 (vgl. NL 1887/88, KSA 13, 11[228], 89, 18 u. 25-28) handelt von den
„Hauptarten des Pessimism" und vermerkt: „Die dazugehörigen rdie dazuge-
hörigen psycholog.™ Zustände kann man alle'sammf im Irrenhause 'beobach-
ten™, wenn auch in einer gewissen Übertreibung, aus der Nähe beobachten.
Ebenfalls 'Insgleichen™ den ,Nihilismus' (das schauderhafte durchbohrende
Gefühl des ,Nichts')". Die Wendung, die N. im Nachlass nicht ganz klassikersi-
cher zunächst falsch memorierte, variiert einen Auftritt des Titelhelden in
Friedrich Schillers Don Carlos (2. Akt, 1. Auftritt): „Kann der Ritterstolz / Des
Herzogs Alba diesen Auftritt hören? / So wahr ich lebe, den Zudringlichen, /
Der zwischen Sohn und Vater, unberufen, / Sich einzudrängen nicht erröthet,
der / In seines Nichts durchbohrendem Gefühle / So dazustehen sich ver-
dammt, möcht' ich, / Bei Gott! Und gält's ein Diadem - nicht spielen." (Schiller
1844, 3, 155) „In seines Nichts durchbohrendem Gefühle" ist zu N.s Zeit sprich-
wörtlich (Büchmann 1882, 108).
404, 23-26 (und keineswegs nur die Astronomie, über deren demüthigende und
herunterbringende Wirkung Kant ein bemerkenswerthes Geständniss gemacht
hat, „sie vernichtet meine Wichtigkeit"...)] Dieses „Geständniss" hat N. etwas
ausführlicher notiert in NL 1887, KSA 12, 7[4], 269, 7-18, und dort die positiv
gestimmte Erhabenheitsrhetorik des Königsberger Sternguckers nicht unter-
drückt: ,„Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender
Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhaltender sich das Nachdenken
damit beschäftigt: der gestirnte Himmel über uns und das moralische Gesetz
in uns.' / Er fährt fort: ,der erste Anblick einer zahllosen Weltenmenge ver-
nichtet gleichsam meine Wichtigkeit als eines thierischen Ge-
schöpfes, das die Materie, daraus es ward, dem Planeten (einem bloßen
Punkte im Weltall) wieder zurückgeben muß, nachdem es eine kurze Zeit, man
weiß nicht wie, mit lebender Kraft versehen gewesen. Der zweite dagegen er-
hebt meinen Werth als eine Intelligenz unendlich." Die Version in
GM III 25 ist ersichtlich eine extreme Verkürzung des N. also wohlbekannten
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften