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Stellenkommentar GM III 25, KSA 5, S. 405 585

Von „Agnostikern" ist bei N. abgesehen von GM III 25 augenscheinlich nur
in N VII 3, 127, 16 (KGW IX 3, vgl. NL 1886, KSA 12, 5[50], 203, 21) sowie in
NL 1886/87, KSA 12, 7[3], 254, 2-8 die Rede, wo die folgende definitorische
Annäherung gegeben wird: „Die , Agnostiker', die Verehrer des Unbekann-
ten und Geheimnißvollen an sich, woher nehmen sie das Recht, ein Fragezei-
chen als Gott anzubeten? Ein Gott, der sich dergestalt im Verborgenen hält,
verdient vielleicht Furcht, aber gewiß nicht Anbetung! Und warum könnte das
Unbekannte nicht der Teufel sein? Aber ,es muß angebetet werden' — so gebie-
tet hier der Instinkt für den Anstand: das ist englisch." Nach Ausweis zeitge-
nössischer Konversationslexika ist der Begriff des Agnostizismus als „eine
mehr in England und Nordamerika als in Deutschland gebräuchliche Bezeich-
nung des religionsphilos. Standpunktes, der das Dasein Gottes zwar nicht ver-
neint, aber als für menschliche Erkenntnis unzugänglich ansieht", bereits weit
verbreitet (Brockhaus 1894-1896, 17, 14): Der Agnostiker stütze „sich meist auf
die Lehre Herbert Spencers ([...]) vom unerkennbaren Absoluten. Oft stellt er
sich als ein Versuch dar, eine Religion auf bloß ethischem oder Gefühlsgrund
unter Preisgebung ihrer theoretischen Grundlagen festzuhalten." (Ebd.) Meyer
1885-1892, 17, 14 macht demgegenüber Thomas Henry Huxley als Erfinder des
Begriffs „Agnostiker" aus - als „Bezeichnung für diejenigen Personen, welche
zwar den Glauben an göttliche Offenbarungen verwerfen, ohne indes die Exis-
tenz eines persönlichen, in die Geschicke der Menschen eingreifenden Gottes
zu leugnen." Zu Huxley vgl. NK 316, 12-15. Auch Salter 1885, 308 setzt sich z. B.
definitorisch und polemisch mit dem Agnostizismus auseinander.
405, 17-21 (Xaver Doudan spricht einmal von den ravages, welche „l'habitude
d'admirer l'inintelligible au lieu de rester tout simplement dans l'inconnu" an-
gerichtet habe; er meint, die Alten hätten dessen entrathen.)] Im Druckmanu-
skript steht „X. Doudan" (GSA 71/27,2, fol. 60r), in der Erstausgabe fälschlich
„Xaver Doudan" (Nietzsche 1887a, 174). Korrekt heißt der französische Publi-
zist Ximenes Doudan (1800-1872); N. hat seine Melanges et lettres (1878) und
seine Pensees et fragments (1881) studiert. „Ravages" sind Verheerungen. Über-
setzt heißt die französische Passage: „die Gewohnheit, das Uneinsehbare zu
bewundern statt einfach im Unbekannten zu bleiben". In NL 1884, KSA 11,
26[441], 268, 6-8 hat sich N. notiert: „l'habitude d'admirer l'inintelligible au
lieu de rester tout simplement dans l'inconnu: was für ravages hat sie in den
Geistern der neuen Zeit hervorgebracht! Doudan." Der Passus stammt aus Dou-
dans Brief an Theobald Piscatory vom 03. 03. 1855 und steht dort im Zusam-
menhang einer Lobpreisung Ciceros, der sich sehr vorteilhaft von den Moder-
nen unterscheide: „On n'a pas fait un compte exact, ä mon sens, des ravages
qu'a produits dans les esprits des temps nouveaux l'habitude d'admirer l'inin-
telligible au lieu de rester tout simplement dans l'inconnu. Au temps de Cice-
 
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