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Pütter, August; Trefftz, Erich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 4. Abhandlung): Chemische Reizwirkung und Giftwirkung — Berlin, Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.43531#0003
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Chemische Reizwirkung und Giftwirkung.
Eine Theorie der Wirkung chemischer Reize muß in ihrer all-
gemeinen Form nicht nur mit der Theorie der Wirkung anderer Reiz-
arten übereinstimmen, sondern auch stets eine Theorie der Giftwirkungen
sein, ist doch weder begrifflich noch praktisch eine scharfe Grenze
zwischen diesen beiden Arten der Wirkung von chemischen Verbin-
dungen auf lebende Systeme zu ziehen.
Jede allgemeine theoretische Erörterung über die Veränderungen,
die durch Reize irgendwelcher Art an lebenden Systemen hervorgerufen
werden, wird sich zunächst auf jene Gruppe von Vorgängen beschränken
können, die wir als primäre Reiz wirkungen bezeichnen, auf jenen ersten
Abschnitt des Geschehens, der Induktion genannt wird.
Diese primären Reizwirkungen sind der unmittelbaren Beobachtung
im allgemeinen unzugänglich. Die Beobachtung läßt für gewöhnlich
nur das Endglied der Kette von Vorgängen erkennen, die sich an die
Reizung anschließen. Dieses Endglied besteht in der Reaktion, die
ausgelöst wird, sobald die primäre Wirkung, die Induktion, eine
gewisse Größe erreicht hat. Die primäre induzierte Wirkung werden
wir ganz allgemein als eine Konzentrationsänderung kennzeichnen können.
Sobald sie zu einem bestimmten Betrage angewachsen und damit die
Schwelle für die Reaktion erreicht ist, befinden sich die reizbaren
Systeme in vergleichbaren Zu ständen.
Ob die Reaktion in einer Erregung besteht, wie in dem typischen
Falle der Wirkung eines chemischen Reizes, oder in einer reversiblen
Lähmung, die ebensogut als Erfolg eines chemischen Reizes wie als
Giftwirkung aufgefaßt werden kann, oder in einer irreversiblen
Lähmung, die den Tod einleitet und somit eine typische Giftwirkung
ist, bleibt für eine allgemeine Betrachtung ein Umstand, dem keine
grundsätzliche Bedeutung beigemessen werden kann.
Das Problem ist in allen Fällen gleich und besteht darin, anzu-
geben, welche Bedingungen in bezug auf Stärke und Dauer der
chemischen Einwirkung (Reiz oder Gift) erfüllt sein müssen, damit
der vergleichbare Zustand der Schwellenwirkung erreicht wird.
Hält man sich diese Überlegungen gegenwärtig, so muß eine Auf-
fassung schwere Bedenken erregen, die einen ganz verschiedenen, ja
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