Chemische Reizwirkung und Giftwirkung.
19
Ganz unberechtigt aber ist es grundsätzlich, bei Betrachtung der
Giftwirkungen oder chemischen Reizwirkungen die Schwellenkonzen-
tration in Abzug zu bringen und nun eine Gesetzmäßigkeit zwischen
dem Überschuß über den Schwellenwert und der Wirkung zu kon-
struieren. Das würde nur angängig sein, wenn die unterschwelligen
Konzentrationen überhaupt wirkungslos wären. Eine solche Annahme
wird aber keine rationelle Theorie dieser Vorgänge machen können,
sie wird vielmehr immer von der Vorstellung ausgehen müssen, daß
die primären Wirkungen, die ein Stoff auszuüben vermag, schon bei
beliebig kleinen Konzentrationen eintreten und daß sich in bezug auf
diese primären Wirkungen die verschiedenen unter- und überschwelligen
Konzentrationen nur quantitativ unterscheiden. Die Bedeutung der
Schwelle als eines Unstetigkeitspunktes liegt nur darin, daß bei einer
bestimmten Größe der primären Wirkung ein Vorgang einsetzt, der
Auslösungscharakter hat, für dessen Natur dementsprechend nicht der
Reiz, sondern die Eigenart — um mit Johannes Müller zu reden:
die spezifische Energie — des gereizten oder vergifteten Systems ent-
scheidend ist.
Den Schwellenwert des Giftes von der jeweiligen Konzentration
subtrahieren heißt jener Konzentration des Giftes, die eben nicht mehr
wirksam wird, aber theoretisch nach unendlich langer Zeit gerade noch
die Wirkung ausüben würde, den Wert Null beilegen. Sinngemäß muß
aber dieser Konzentration der Wert der Einheit beigelegt werden, wie
es in Tabelle 2 geschehen ist, denn sic bedeutet doch die geringste
Konzentration, die wirksam werden kann, wenn auch erst nach unend-
lich langer Zeit. Eine Konzentration, die um einen unendlich kleinen
Betrag höher ist, übt die Wirkung bereits nach endlicher Zeit aus.
Vereinfachungen.
In der Gleichung, die die Höhe der Konzentration des Stoffes R
mißt, kommen außer der Lineardimension (6) und dem Reizort £ noch
fünf weitere Konstanten vor.
Daß sie zu einer rationellen Beschreibung des Vorganges unent-
behrlich sind, geht aus der Ableitung klar hervor. Solange es aber
nicht gelingt, die Größe dieser Konstanten einzeln zu bestimmen, wird
die Anwendung der Gleichung auf einen bestimmten beobachteten Fall
durch die große Zahl der Konstanten wenig nützlich erscheinen, da
diese ja dann rechnungsmäßig wie willkürliche Konstanten erscheinen.
Eine nähere Betrachtung zeigt, daß es Grenzfälle gibt, die so be-
schaffen sind, daß sich die Zahl der Konstanten verringern läßt, ohne
19
Ganz unberechtigt aber ist es grundsätzlich, bei Betrachtung der
Giftwirkungen oder chemischen Reizwirkungen die Schwellenkonzen-
tration in Abzug zu bringen und nun eine Gesetzmäßigkeit zwischen
dem Überschuß über den Schwellenwert und der Wirkung zu kon-
struieren. Das würde nur angängig sein, wenn die unterschwelligen
Konzentrationen überhaupt wirkungslos wären. Eine solche Annahme
wird aber keine rationelle Theorie dieser Vorgänge machen können,
sie wird vielmehr immer von der Vorstellung ausgehen müssen, daß
die primären Wirkungen, die ein Stoff auszuüben vermag, schon bei
beliebig kleinen Konzentrationen eintreten und daß sich in bezug auf
diese primären Wirkungen die verschiedenen unter- und überschwelligen
Konzentrationen nur quantitativ unterscheiden. Die Bedeutung der
Schwelle als eines Unstetigkeitspunktes liegt nur darin, daß bei einer
bestimmten Größe der primären Wirkung ein Vorgang einsetzt, der
Auslösungscharakter hat, für dessen Natur dementsprechend nicht der
Reiz, sondern die Eigenart — um mit Johannes Müller zu reden:
die spezifische Energie — des gereizten oder vergifteten Systems ent-
scheidend ist.
Den Schwellenwert des Giftes von der jeweiligen Konzentration
subtrahieren heißt jener Konzentration des Giftes, die eben nicht mehr
wirksam wird, aber theoretisch nach unendlich langer Zeit gerade noch
die Wirkung ausüben würde, den Wert Null beilegen. Sinngemäß muß
aber dieser Konzentration der Wert der Einheit beigelegt werden, wie
es in Tabelle 2 geschehen ist, denn sic bedeutet doch die geringste
Konzentration, die wirksam werden kann, wenn auch erst nach unend-
lich langer Zeit. Eine Konzentration, die um einen unendlich kleinen
Betrag höher ist, übt die Wirkung bereits nach endlicher Zeit aus.
Vereinfachungen.
In der Gleichung, die die Höhe der Konzentration des Stoffes R
mißt, kommen außer der Lineardimension (6) und dem Reizort £ noch
fünf weitere Konstanten vor.
Daß sie zu einer rationellen Beschreibung des Vorganges unent-
behrlich sind, geht aus der Ableitung klar hervor. Solange es aber
nicht gelingt, die Größe dieser Konstanten einzeln zu bestimmen, wird
die Anwendung der Gleichung auf einen bestimmten beobachteten Fall
durch die große Zahl der Konstanten wenig nützlich erscheinen, da
diese ja dann rechnungsmäßig wie willkürliche Konstanten erscheinen.
Eine nähere Betrachtung zeigt, daß es Grenzfälle gibt, die so be-
schaffen sind, daß sich die Zahl der Konstanten verringern läßt, ohne