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Pütter, August; Trefftz, Erich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 4. Abhandlung): Chemische Reizwirkung und Giftwirkung — Berlin, Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.43531#0022
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22

A. Pütter:

Auch die vereinfachten Gleichungen enthalten noch 3 bis 5 Para-
meter., die rechnerisch als willkürliche Konstanten wirken, solange sie
nicht durch direkte Bestimmungen festgelegt sind. Es ist daher nutz-
los, sie auf die beobachteten Fälle anzuwenden und etwa zu zeigen,
daß sie ebensogut wie die OsTWALDsche oder eine ähnliche Interpola-
tionsformel geeignet sind, die Beobachtungen darzustellen. Das Resultat
der theoretischen Betrachtung ist also in dieser praktischen Hinsicht
zur Zeit wenig befriedigend. Immerhin zeigt es den Weg, auf dem
eine rationelle Theorie der chemischen Reizwirkungen und Giftwirkungen
gewonnen werden kann.
Die Annahme, daß aus dem Stoff A, der als chemischer Reiz oder
Gift in das lebende System eindringt, ein Stoff R wird, von dessen
Konzentration die Wirkung abhängt, stellt zwar einen typischen Fall
dar, insofern sie den Stoff in das Getriebe der Stoffwechsel Vorgänge
eintreten läßt, aber sie ist noch zu speziell.
Die allgemeine Annahme, die erst eine feste Verknüpfung der
Theorie der chemischen Reizung mit der allgemeinen Theorie der Reiz-
wirkungen herstellt, muß dahin gehen, daß der eindringende Stoff da-
durch wirkt, daß er die Reaktionskonstanten ändert, von deren Größe
die Geschwindigkeit abhängt, mit der im intermediären Umsatz Stoff-
wechselprodukte entstehen. Die Reizwirkung oder Giftwirkung beruht
dann auf der Veränderung der Konzentration von Stoffwechselprodukten.
Die Wirkung des eindringenden Stoffes braucht sich nicht auf eine
Veränderung der Reaktionskonstanten zu beschränken, sie kann auch
die Bedingungen der Invasion, Evasion oder Diffusion verändern, wie
das in allgemeiner Form a. a. O. dargelegt worden ist.1)
Reizorte und Vergiftungsorte.
Die Theorie der Reizungen hat für den grundsätzlich einfach
liegenden Fall der Lichtreizung ergeben, daß das sogenannte Reiz-
mengengesetz in der Nähe der Reizschwelle nicht mehr gilt, daß in
diesem Bereich vielmehr eine verwinkeltere, aber theoretisch völlig
verständliche Abweichung von ihm besteht. Bei der Lichtreizung muß
als bezeichnend gelten, daß die Veränderungen, die zur Erregung führen,
vom Beginn der Reizung an sofort an allen Punkten des Reizraumes
gleichzeitig und mit gleicher Stärke einsetzen.
Das Gegenstück hierzu bietet in gewissem Sinne die Reizung mit
elektrischen Strömen. Sie erfolgt zunächst (d. h. bei Schwellenreizung)

b Pflüg. Arch. Bel. 176, S. 39 — 69. 1919.
 
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