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Pütter, August; Trefftz, Erich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1927, 4. Abhandlung): Chemische Reizwirkung und Giftwirkung — Berlin, Leipzig, 1927

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https://doi.org/10.11588/diglit.43531#0026
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26

A. Pütter:

Auslösungsvorgänge, die sich an die Erreichung der Schwellenkonzen-
tration anschließen, ungleich sind. Diese Möglichkeit gewinnt in zwei
Fällen besondere Bedeutung.
In der Lehre von den chemischen Reizwirkungen wird zu fragen
sein, inwieweit die Lehre von der spezifischen Energie ausgedehnt
werden kann, d. h. ob von einer Zelle immer nur ein Auslösunvsvor-
' o
gang einer Art erhalten werden kann oder ob deren mehrere möglich
erscheinen.
In der Lehre von den Giftwirkungen wird die Frage behandelt
werden müssen, ob die „Reizwirkungen kleiner Giftmengen“, d. h. die
Steigerungen der Tätigkeit, die durch geringe Konzentrationen von
Stoffen zu erzielen sind, die in etwas höherer Konzentration lähmend
oder tötend wirken, an den gleichen Stellen lokalisiert zu denken sind,
oder ob wir für die Wirkungen der geringen — fördernden — Kon-
zentrationen Reizorte in der Nähe der Mittelebene annehmen dürfen,
während die schädigend wirkenden Dosen an oberflächlicher gelegenen
Orten angreifen.
Wie dem aber auch sein mag: wenn von verschiedenen Reizorten
(oder Giftorten) aus die gleiche Wirkung erzielt werden kann, so muß
es eine „letzte gemeinsame Strecke“ der physikalisch-chemischen Ver-
änderungen geben. Es besteht aber die Möglichkeit, daß sich zwischen
den Augenblick, an dem an einem bestimmten Reizort die Schwelle
erreicht ist, und den Augenblick, in dem die Prozesse beginnen, die
zur letzten gemeinsamen Strecke gehören, Vorgänge verschiedener Art
einschieben, die dementsprechend auch verschiedene Zeit in Anspruch
nehmen können.
Eine Theorie dieser möglichen Verschiedenheit ist heute noch
nicht zu entwickeln. Es muß aber doch darauf hingewiesen werden,
daß in bezug auf den äußerlich erkennbaren Erfolg, z. B. die Abtötung,
nicht notwendig gleiche Zustände geschaffen sind, wenn an irgendeinem
Reizort die Schwelle erreicht wird. Möge z. B. die letzte gemeinsame
Strecke des Geschehens darin liegen, daß die Oberflächenschicht der
Zelle zerstört wird, so liegt es nahe, anzunehmen, daß von dem Augen-
blick an, in dem die Bedingung für den Eintritt dieses Erfolges da-
durch erfüllt ist, daß an irgendeinem Reizort die Schwellenkonzentration
erreicht wird, recht verschiedene Zeiten vergehen, bis er merkbar wird.
Gerade für die schwächsten Konzentrationen, die am weitesten von
der Oberfläche entfernt ihre Wirkung zu entfalten beginnen, könnte
zwischen dem Zeitpunkt, an dem die Schwelle erreicht wird, und dem,
an dem die Wirkung auf die Oberfläche erkennbar wird, eine erheblich
 
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