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Vogel, Paul; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1933, 5. Abhandlung): Studien über den Schwindel — Berlin, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.43672#0016
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16

P. Vogel:

TEREWschen Kerne und im Nucleus triangularis, also in der Medulla
oblongata, angenommen.
„Auf diesem Mechanismus beruht die wichtigste Regulierung
des Gleichgewichts, das Versagen dieses Mechanismus ist die wich-
tigste Ursache des Schwindels.“ Mit diesen beiden Sätzen hat
Ewald den Kern seiner Lehre vom Schwindel klar formuliert. Zu
einem Versagen des Mechanismus der Gleichgewichtsregulierung
kommt es immer dann, wenn anormale Reize das Labyrinth treffen.
Das geschieht im Drehschwindel, bei der Seekrankheit, beim gal-
vanischen Schwindel und im Schwindel infolge Spülung des Ohres.
Ewald spricht sich nicht klar darüber aus, was er unter anormalen
Reizen versteht, aber aus der Besprechung der eben angeführten
Schwindelformen geht hervor, daß er dabei mit in erster Linie an
Reize von zu großer Intensität denkt.
Besteht so der Schwindel im wesentlichen in einer Gleich-
gewichtsstörung, die zu bestimmten objektiven Symptomen führt,
so ist alles übrige, wie Ewald es ausführt, ein subjektives Gefühl,
ein rein psychischer Vorgang, der in einer Herabsetzung des stati-
schen Bewußtseins sich dokumentiert. In ihm vereinigen sich die
Vorstellung des Fallens, falsche Deutungen von Sinneseindrücken
und die Angst vor einer Gefahr. Ganz folgerichtig ist denn auch bei
Ewald für diese subjektiven Schwindelempfmdungen der Höhen-
schwindel, der den Phobien nahesteht und für den eine psycho-
logische Erklärung zuständig ist, das typische Beispiel. Fragen wir
nun, in welcher Beziehung diese subjektiven Empfindungen und die
objektiven Symptome des Schwindels zueinander stehen, so werden
wir überraschenderweise an die Anatomie verwiesen. Ewald nimmt
an, daß es für die bewußten Schwindelempfmdungen ein Zentrum
im Großhirn geben müsse, das sogenannte Schwindelzentrum. Und
daß zwischen diesen und dem schon erwähnten Gleichgewichts-
zentrum Verbindungsbahnen vorhanden sein müßten, um die
wechselseitige Beeinflussung zwischen den seelischen Vorgängen und
den Gleichgewichtsbewegungen zu gewährleisten. Allerdings wird
zugegeben, daß weder das angenommene Zentrum in der Hirnrinde
noch die Verbindungsbahnen sicher nachgewiesen sind.
Der EwALDSchen Lehre vom Schwindel liegt also, wenn wir
zusammenfassen, eine physikalisch statische Auffassung des Gleich-
gewichts und seiner Balance zugrunde, die reflektorisch sich selbst
steuert. Das Versagen dieser Steuerung ist das wesentlichste Moment
für das Zustandekommen des Schwindels. Außerdem gehen rein
 
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