Studien über den Schwindel
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Längst nicht alle Schwindelanfälle verlaufen so, wie die hier
geschilderten. Wir haben gleichsam exemplarische Fälle heraus-
gehoben, um von diesen her die anderen analysieren zu können und
für die Psychophysik des Schwindels etwas zu gewinnen.
Die Deutung des Materiales.
Nach dieser mehr beschreibenden Übersicht über die experi-
mentellen und klinischen Befunde soll an ihre Deutung herangegan-
gen werden. Diese wird das Gefundene noch in manchen Punkten
erläutern. Wir benutzen zur eingehenderen Analyse die optokineti-
schen Versuche, zur Absetzung des eigenen Standpunktes gegenüber
andern Lehren vom Schwindel sollen dann die vestibulären Ver-
suche herangezogen werden.
Ganz im Groben läßt sich zunächst feststellen, daß sich alle
mitgeteilten Versuche und klinischen Beobachtungen nach zwei ver-
schiedenen Seiten gruppieren, die gewissermaßen zwei verschiedene
Formen des Schwindels darstellen. Das Auffallende der einen Form
sind die Scheinbewegungen, die Veränderung der räumlichen Orien-
tierung, während die andere Form durch das Auftreten von Haltungs-
änderungen systematischer Art, verbunden mit dem Gefühl des
Zuges nach einer Seite, gekennzeichnet ist. Die beiden Formen
können in den Versuchen rein auftreten; sie können von selbst oder
mit Nachhilfe (Fixation einer Marke) einander ablösen bei gleich-
bleibendem äußeren Reiz. Sie können zusammen auftreten (Dreh-
nachschwindel), aber dann koinzidieren sie zeitlich nicht. Besteht
zwischen dem Erlebnis der Scheinbewegungen und den motorischen
Haltungsänderungen und Reaktionsbewegungen ein Zusammenhang,
und von welcher Art ist er? Auf diese Grundfrage des Schwindel-
problems stoßen wir jetzt.
In den ersten optokinetischen Versuchen (Anblick der vorüber-
ziehenden Streifen des Drehrades) kommt es zur Bildung der Wahr-
nehmung des sich drehenden Rades im sonst ruhenden Raum.
Gleichzeitig zeigt die Vp. einen Nystagmus (Eisenbahnnystagmus,
optokinetischer Nystagmus). Dem optischen Reiz des sich drehen-
den Rades sind in dieser Situation (Situation A) zugeordnet eine
bestimmte Wahrnehmung, daß nämlich die Streifen des Rades vor-
überziehen, und bestimmte Veränderungen der Motorik (die nystakti-
schen Augenbewegungen). Diese beiden Phänomene stehen in einem
funktionellen Zusammenhang, in dem die Wahrnehmung der be-
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Längst nicht alle Schwindelanfälle verlaufen so, wie die hier
geschilderten. Wir haben gleichsam exemplarische Fälle heraus-
gehoben, um von diesen her die anderen analysieren zu können und
für die Psychophysik des Schwindels etwas zu gewinnen.
Die Deutung des Materiales.
Nach dieser mehr beschreibenden Übersicht über die experi-
mentellen und klinischen Befunde soll an ihre Deutung herangegan-
gen werden. Diese wird das Gefundene noch in manchen Punkten
erläutern. Wir benutzen zur eingehenderen Analyse die optokineti-
schen Versuche, zur Absetzung des eigenen Standpunktes gegenüber
andern Lehren vom Schwindel sollen dann die vestibulären Ver-
suche herangezogen werden.
Ganz im Groben läßt sich zunächst feststellen, daß sich alle
mitgeteilten Versuche und klinischen Beobachtungen nach zwei ver-
schiedenen Seiten gruppieren, die gewissermaßen zwei verschiedene
Formen des Schwindels darstellen. Das Auffallende der einen Form
sind die Scheinbewegungen, die Veränderung der räumlichen Orien-
tierung, während die andere Form durch das Auftreten von Haltungs-
änderungen systematischer Art, verbunden mit dem Gefühl des
Zuges nach einer Seite, gekennzeichnet ist. Die beiden Formen
können in den Versuchen rein auftreten; sie können von selbst oder
mit Nachhilfe (Fixation einer Marke) einander ablösen bei gleich-
bleibendem äußeren Reiz. Sie können zusammen auftreten (Dreh-
nachschwindel), aber dann koinzidieren sie zeitlich nicht. Besteht
zwischen dem Erlebnis der Scheinbewegungen und den motorischen
Haltungsänderungen und Reaktionsbewegungen ein Zusammenhang,
und von welcher Art ist er? Auf diese Grundfrage des Schwindel-
problems stoßen wir jetzt.
In den ersten optokinetischen Versuchen (Anblick der vorüber-
ziehenden Streifen des Drehrades) kommt es zur Bildung der Wahr-
nehmung des sich drehenden Rades im sonst ruhenden Raum.
Gleichzeitig zeigt die Vp. einen Nystagmus (Eisenbahnnystagmus,
optokinetischer Nystagmus). Dem optischen Reiz des sich drehen-
den Rades sind in dieser Situation (Situation A) zugeordnet eine
bestimmte Wahrnehmung, daß nämlich die Streifen des Rades vor-
überziehen, und bestimmte Veränderungen der Motorik (die nystakti-
schen Augenbewegungen). Diese beiden Phänomene stehen in einem
funktionellen Zusammenhang, in dem die Wahrnehmung der be-