Studien über den Schwindel
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weise kann plötzlich einmal nach beiden Richtungen hin durch-
brochen werden; und in den Experimenten ist es so, daß dies auch
unabhängig von den rein physikalischen Reizbedingungen vor-
kommen kann. Fast drängt sich ein Vergleich mit der hysterischen
Symptombildung auf. Vielleicht ist doch wie dort jeder Mensch
„nauseafähig“. Ob aber im Einzelfall vegetative Symptome gebildet
werden und welche, das hängt von vielen Bedingungen ab, die sorg-
fältig gesucht werden müssen und von denen wir einige aufzuzeigen
versuchen. Dabei aber ist es wichtig, daß eine solche Analyse mög-
lichst wenig beengt wird durch eine vorausgenommene schematische
Hypothese über das Wie dieser Symptombildung.
4. Der „Magenschwindel“.
Die ganze bisherige Darstellung würde immer noch ein unvoll-
ständiges Bild von den Beziehungen des Schwindels zum vegetativen
Bereich geben, wenn nicht noch einer Gruppe von Beobachtungen
gedacht würde, die das Interesse der inneren Klinik seit Jahrzehnten
auf sich gezogen hat. Es ist dies der sogenannte Magenschwindel,
vertigo a stomacho laeso, vertigo stomacal. Unter diesem Namen
hat die alte französische Klinik, vor allem Trousseau (16), Fälle zu-
sammengefaßt, in denen bei Magenkranken Schwindelerscheinungen
zum Teil recht heftiger Art anfallsweise auftreten. Schon Trous-
seau weist darauf hin, daß dieser Schwindel in seiner Erscheinungs-
form ganz dem MENiEREschen gleichen kann. Er kann die Form des
echten Drehschwindels annehmen. Curschmann (5) hat diese Form
sogar häufiger gefunden als das einfache unsystematische Schwindel-
gefühl. Aber auch andere Erlebnisse kommen dabei vor: daß der
Boden schwankt, sich ein Abgrund vor dem Kranken auftut, eine
Leere und ein Durcheinander im Kopfe ist, als ob die Sinne schwin-
den. Mit diesem Erlebnis kann sich ein Schwanken des Körpers
verbinden, eine Unsicherheit bis zum Hinstürzen. Unter den Magen-
erkrankungen sind es vor allem die Gastritis und das Ulcus mit
Superazidität, bei denen solche Schwindelzustände beobachtet
wurden. Uns (18) berichtete besonders eine bestimmte Gruppe von
Magen-Darm-Neurotikern über zeitweise auftretendes heftiges
Schwindelgefühl. Und Leube (13) hat vielleicht ähnliche Fälle im
Auge gehabt, wenn er in einer kleinen Mitteilung über Darmschwindel
Kranke mit unklaren Magen-Darmbeschwerden und Klagen über
Schwindel schildert, die interessanterweise fast alle bei der rektalen
Untersuchung einen heftigen Schwindelzustand bekamen. Über den
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weise kann plötzlich einmal nach beiden Richtungen hin durch-
brochen werden; und in den Experimenten ist es so, daß dies auch
unabhängig von den rein physikalischen Reizbedingungen vor-
kommen kann. Fast drängt sich ein Vergleich mit der hysterischen
Symptombildung auf. Vielleicht ist doch wie dort jeder Mensch
„nauseafähig“. Ob aber im Einzelfall vegetative Symptome gebildet
werden und welche, das hängt von vielen Bedingungen ab, die sorg-
fältig gesucht werden müssen und von denen wir einige aufzuzeigen
versuchen. Dabei aber ist es wichtig, daß eine solche Analyse mög-
lichst wenig beengt wird durch eine vorausgenommene schematische
Hypothese über das Wie dieser Symptombildung.
4. Der „Magenschwindel“.
Die ganze bisherige Darstellung würde immer noch ein unvoll-
ständiges Bild von den Beziehungen des Schwindels zum vegetativen
Bereich geben, wenn nicht noch einer Gruppe von Beobachtungen
gedacht würde, die das Interesse der inneren Klinik seit Jahrzehnten
auf sich gezogen hat. Es ist dies der sogenannte Magenschwindel,
vertigo a stomacho laeso, vertigo stomacal. Unter diesem Namen
hat die alte französische Klinik, vor allem Trousseau (16), Fälle zu-
sammengefaßt, in denen bei Magenkranken Schwindelerscheinungen
zum Teil recht heftiger Art anfallsweise auftreten. Schon Trous-
seau weist darauf hin, daß dieser Schwindel in seiner Erscheinungs-
form ganz dem MENiEREschen gleichen kann. Er kann die Form des
echten Drehschwindels annehmen. Curschmann (5) hat diese Form
sogar häufiger gefunden als das einfache unsystematische Schwindel-
gefühl. Aber auch andere Erlebnisse kommen dabei vor: daß der
Boden schwankt, sich ein Abgrund vor dem Kranken auftut, eine
Leere und ein Durcheinander im Kopfe ist, als ob die Sinne schwin-
den. Mit diesem Erlebnis kann sich ein Schwanken des Körpers
verbinden, eine Unsicherheit bis zum Hinstürzen. Unter den Magen-
erkrankungen sind es vor allem die Gastritis und das Ulcus mit
Superazidität, bei denen solche Schwindelzustände beobachtet
wurden. Uns (18) berichtete besonders eine bestimmte Gruppe von
Magen-Darm-Neurotikern über zeitweise auftretendes heftiges
Schwindelgefühl. Und Leube (13) hat vielleicht ähnliche Fälle im
Auge gehabt, wenn er in einer kleinen Mitteilung über Darmschwindel
Kranke mit unklaren Magen-Darmbeschwerden und Klagen über
Schwindel schildert, die interessanterweise fast alle bei der rektalen
Untersuchung einen heftigen Schwindelzustand bekamen. Über den