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Goerttler, Kurt; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1938, 8. Abhandlung): Die Differenzierungsbreite tierischer Gewebe im Lichte neuer experimenteller Untersuchungen — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43754#0011
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Differenzierungsbreite tierischer Gewebe

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Experimente, die schon in die Hunderte gehen, nur über
die Resultate berichten, bei denen Epithelien in die quergestreifte
Muskulatur verpflanzt wurden, — Amniongewebe und Stücke aus
der Uteruswand mitsamt ihren normalen Schleimhautepithelien.
Als ich mit der Transplantation von Amnion in den Muskel
hinein begann, da war mir von den ausgezeichneten Versuchen
des Budapester Gynäkologen Burger mit Amniongewebe bei der
künstlichen Scheidenbildung, die im Zentralblatt für Gynäkologie
1937, IV, S. 42 bereits veröffentlicht sind, noch nichts bekannt.
Meine ersten Versuche mit Kaninchen (1937) gestatteten auch
noch keine klare Deutung, und erst ausgedehnte Rattenversuche
führten mich zu neuen und unerwarteten Ergebnissen.
Durch Sectio gewonnenes frisches Rattenamnion (vom Chorion
nicht vollständig zu trennen) wurde autoplastisch in einen Muskel
des Muttertieres verpflanzt, der dann nach verschiedenen Zeiten
zwischen 7—60 Tagen im Ganzen herausgenommen und in Serien-
schnitte zerlegt untersucht wurde. Bei genügender Technik erfolgt
die Einheilung fast ganz reaktionslos. Das Epithel bleibt unter den
ausgezeichneten Ernährungsverhältnissen dieses Versuches größ-
tenteils erhalten, während sich das verpflanzte faserige Bindege-
webe zurückbildet.
Es ist nun erstaunlich, wie vielfältig die Entwicklungsmöglich-
keiten dieses Epithels sind. Vom niedrigen einschichtigen Epithel
bis zum hochdifferenzierten Plattenepithel (Abb. 5, Taf. II), (z. T. mit
Keratohyalinkörnern und Cuticularbildungen) finden sich alle Zwi-
schenformen der Differenzierung. Neben Cysten und Röhren
(Abb. 6, Taf. III), die teilweise offenbar auch an den Kreislauf Anschluß
finden, d. h. als Gefäße verwendet werden, finden sich auch
solide Zellstränge und Zapfen. In einem besonderen Falle hat
sich innerhalb des Implantates sogar ein normales Stückchen Haut
mit Epidermis und Haaren ausgebildet (Abb. 7, Taf. III), welches viel
weiter entwickelt war, als es dem Alter des Embryo entsprach,
von dem das Amnion stammte. In mehreren anderen Fällen wie-
der entwickelten sich drüsenartige Epithelgänge, die meist so, wie
in der beigegebenen Abbildung (Abb. 8, Taf. IV) zu sehen ist, in
einzelnen Haufen azinusartig zusammenlagen.
Es kann danach kein Zweifel darüber bestehen, daß im Am-
nion Entwicklungsfähigkeiten schlummern, die denen der Epi-
dermis im Embryo nicht nachstehen. Warum bei meinen Versuchen
gerade die eben erwähnten Fähigkeiten verifiziert wurden, das
 
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