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Hattingberg, Immo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 10. Abhandlung): Sensibilitätsuntersuchungen an Kranken mit Schwellenverfahren: aus der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br — Heidelberg, 1939

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43768#0036
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36 Immo v. Hattingberg: Sensibilitätsuntersuchungen
Die Versuchsperson hat dann anzugeben, welcher Reiz stärker
empfunden wird. Dadurch soll festgestellt werden, ob die Wahr-
nehmung eines Reizes durch einen kurz vorhergehenden Reiz
beeinflußt wird. Hier wird also von der Versuchsperson ein Ur-
teil verlangt, und es ist klar, daß dieses Urteil neue Fehlerquellen
in sich birgt. Dieses Vorgehen ist unzweckmäßig, denn die Zahl
von zwei Reizen ist gegenüber den vielseitigen Täuschungsmög-
lichkeiten viel zu klein.
c) Das dritte Verfahren hat Tschlenoff (50) angegeben. Die
Schwelle eines Punktes wird bestimmt und darauf die Haut mit
einem Handtuch gerieben. Das Hautgefühl wird also mit einem
großflächigen und wenig bestimmten Reiz ermüdet. Nach der
Abreibung der Haut wird der Schwellenanstieg bestimmt. Dieses
Verfahren hat den Vorteil, daß es die Hautstelle besonders
stark beansprucht und daß daher auch geringe Veränderlichkeiten
aufgedeckt werden können. Es ist aber deswegen unzweckmäßig,
weil weder das Maß und die Art der Ermüdung noch die Ge-
schwindigkeit des Schwellenanstieges prüfbar sind.
Hier wurde das erste Verfahren bevorzugt, weil bei ihm alle
Bedingungen des Versuches am besten zu übersehen sind. Fol-
gende Bedingungen wurden eingehalten:
a) die Versuche wurden immer mit dem Reiz begonnen, der
sich bei dreimaliger Berührung sicher als überschwellig erwies.
b) Diese Reizstärke wurde in unregelmäßigem Rhyth-
mus immer genau auf die vorher bezeichnete Stelle aufgesetzt.
Ich richtete meine ganze Aufmerksamkeit auf möglichst gleiches
Aufsetzen des Reizes.
c) Die Reizfrequenz richtete sich nach der Antwortgeschwindig-
keit der Versuchsperson und lag zwischen 14—35 pro Minute.
Bei Schmerzreizen mußte man manchmal bis auf 10 herunter-
gehen. Bei zögernden Antworten wurde langsamer gereizt als bei
prompten. Diese Ungleichheit ist weniger wichtig als die Täu-
schung, die durch das Unvermögen der Versuchsperson entsteht,
schnell zu antworten. In die Reizreihen wurden immer einzelne,
unerwartete Pausen eingeschaltet, um sich zu vergewissern, daß
die Versuchsperson nicht phantasierte.
d) Mit jeder Reizstärke wurde 3 Minuten lang untersucht, wenn
dazwischen einige Reize empfunden wurden. Wenn eine Minute
lang keine Antworten kamen, wurde zur nächsten Reizstärke über-
gegangen. Die Reizstärke wurde so lange gesteigert, bis ein
 
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