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Hattingberg, Immo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 10. Abhandlung): Sensibilitätsuntersuchungen an Kranken mit Schwellenverfahren: aus der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br — Heidelberg, 1939

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43768#0059
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an Kranken mit Schwellenverfahren

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Reiz handelt. Beides kommt vor. Nach meiner Erfahrung wird dieses Ver-
halten meist bei Personen beobachtet, deren Reaktionsweise verlangsamt
ist. Wenn man die Reizfrequenz entsprechend einstellt, so ermüden sie
nicht.
Scheinempfindungen : Protokoll d). Das Auftreten von Empfindungen
und Antworten, ohne daß ein Reiz gesetzt wurde, hat die mannigfachsten
Gründe. Meist handelt es sich um einfache Aufmerksamkeitsstörungen.
Die Versuchsperson paßt nicht auf und gibt aufs Geratewohl Antworten,
oder die Versuchsperson paßt so scharf auf, daß sie Empfindungen wahr-
nimmt, die sie sonst nicht beachten würde. Es kommt aber auch vor, daß
diese Scheinempfindungen an den Reiz gebunden sind.
Im Protokoll d) wurden oft nach einem Reiz bei schärfster Auf-
merksamkeit 3- 4 Empfindungen angegeben. Diese Scheinempfindungen
traten nur bei schwellennahen Reizen auf. Die Deutung ist im Einzelfall
kaum möglich (die Beobachtung wurde zuerst von Tschlenoff (50) mit-
geteilt).
Wellenförmiger Verlauf: Protokoll e). Bei dieser Verlaufsform ver-
schwindet die Empfindung plötzlich für mehrere Reize, um dann plötzlich
wieder aufzutauchen. Dabei ändert sich aber das Verhältnis von Ant-
worten zu Fehlern in der Gesamtversuchszeit nicht. Diese Verlaufsform
wurde von Bagh und Rysä (52) eingehend untersucht. Der Rhythmus
der Wellen kann sich über wenige Reize oder über Minuten erstrecken.
Er kann von der Reizstärke abhängig, aber auch unabhängig sein. Wie
bei Bestimmung der Schmerzschwelle gezeigt wurde, ist der Wellenver-
lauf in engen Grenzen vor allem beim Schmerzsinn als normal anzusehen.
Für das Verfahren ist wichtig, daß dieser Ablauf eine Schwellenveränder-
lichkeit vortäuschen kann, wenn man die Untersuchung abbricht, sobald
die Antworten erstmals ausfallen.
Veränderlichkeit der Schwelle: Von Veränderlichkeit im
engeren Sinn wird dann gesprochen, wenn das Verhältnis von Antworten
zu Fehlern sich während des Versuchs ändert. Die beiden Protokolle
f 1) und f 2) zeigen einen solchen Verlauf. Entweder hören die Antworten
plötzlich auf, wie im ersten Beispiel, oder sie werden allmählich seltener.
Dabei besteht oft gleichzeitig ein wellenförmiges Verhalten, d. h. es fallen
immer größere Gruppen von Antworten aus, bis sie schließlich ganz aus-
bleiben. Umgekehrt kann bei Schwellensenkung durch wiederholte Reizung
die Empfindung „gebahnt“ werden, oder die Antworten können immer
häufiger kommen, bis schließlich alle Reize überschwellig sind.
Verschmelzung der Empfindungen: Protokoll g). Zur Ver-
änderlichkeit der Schwelle werden auch die Verschmelzungserscheinungen
gerechnet, weil sie meist neben der Schwellenerhöhung bei der gleichen
Untersuchung auftreten. Zunächst werden ein oder mehrere Reize richtig
getrennt angegeben. Plötzlich fühlt die Versuchsperson, daß der Reiz auf
der Haut stehen bleibt. Das wird als — aufgezeichnet. Die einzelnen
Reize werden dabei entweder noch durchempfunden oder gar nicht mehr
erkannt. Es kann zum Erlebnis von Scheinbewegungen, eines Hin- und
Herfahrens auf der Haut kommen. Die Heftigkeit der Empfindung nimmt
dabei zu oder ab, was im Protokoll durch die Kurve vermerkt ist. Dabei
 
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