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Hattingberg, Immo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 10. Abhandlung): Sensibilitätsuntersuchungen an Kranken mit Schwellenverfahren: aus der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43768#0094
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an Kranken mit Schwellenverfahren

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unabhängig voneinander. Das beweist, daß der Sinnespunkt als
Einheit in der Rinde vertreten ist und als solcher bewußt werden
kann. Dieser Befund stimmt mit den Ergebnissen v. Frey’s und
Metzner’s überein (30). Sie fanden, daß die Succesivschwelle an
besonders günstigen Stellen mit der jeweiligen Entfernung zwischen
den Druckpunkten zusammenfallen kann. Der einzelne Sinnespunkt
kann also ein eigenes Merkzeichen haben, das ihn von seinen
Nachbarpunkten zu unterscheiden ermöglicht.
Zunächst scheint diese Tatsache merkwürdig, denn die Er-
regungsleitung vom Druckpunkt zur Rinde verläuft nicht für jeden
Punkt getrennt. Einerseits erfahren immer mehrere Leitungsbahnen
durch die Synapsen eine Zusammenfassung an der nächsthöheren
Ganglienzelle. Andererseits verzweigt sich auch die aufsteigende
Faser selbst an mehreren Ganglienzellen. Die Erregung mehrerer
Sinnespunkte wird also an dem nächsthöheren Neuron zusammen-
gefaßt. Außerdem kann die Zahl der Empfänger (etwa 500000)
nicht nebeneinander in der Hirnrinde angeordnet sein.
Es besteht also ein Gegensatz: Histologisch findet sich ein
vielfach verzweigtes Netzwerk, während die Leistungen des Orts-
sinnes auf der Haut und die Trennbarkeit der Sinnespunkte ein
bis ins Einzelne geordnetes Neuronensystem vermuten lassen.
Diesen Gegensatz erklärt Bethe (64) mit der Annahme einer
„wiederholungsfreien Kombination“, v. Frey greift bei Erörterung
der Mißweisung diesen Gedanken auf: Wenn jedes Aufnahme-
organ der Peripherie über mehrere Bahnen zum Zentrum sendet,
so können zwei Nachbarorgane getrennt wahrgenommen werden,
auch wenn ihre Erregung teilweise gemeinsam verläuft, bzw. an
gemeinsamen Stellen des Zentrums aufgenommen wird. Durch
die Mehrzahl der Leitungsbahnen für jedes Organ ist die Möglich-
keit einer wiederholungsfreien Kombination gegeben. Damit ist die
Theorie Bethe’s von der wiederholungsfreien Kombination einer
der wichtigsten Gedanken für das Verständnis vom Hautsinnes-
organ.
Man wird ferner mit Foerster (56) annehmen, daß die Sicherheit
des Ortssinnes auf der Haut sich durch die Erfahrung des Tastens
entwickelt. Sie ist an den Hautstellen am besten, die direkt dem
Tastsinn dienen.
Die Untersuchungen der Punktdichte und Punktschwelle recht-
fertigen cdso die Annahme, daß die Druckpunkte die ausgebil-
deten Ortszeichen des Tastsinnes sind. Sie haben diese Eigen-
 
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