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Hattingberg, Immo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 10. Abhandlung): Sensibilitätsuntersuchungen an Kranken mit Schwellenverfahren: aus der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.43768#0101
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Immo V. Hattingberg : Sensibilitätsuntersuchungen

dann am größten, wenn ich etwas Neues erwarte. Es läßt schnell
nach, wenn mir die Reize, die ich beantworten soll, bekannt sind.
Dieses Nachlassen kann man nicht feststellen, indem man im
Rhythmus des Reizes Pausen einschiebt oder indem man den
Reizort wechselt. Denn jede Änderung in dem bekannten Vor-
gang „unrhythmische Reizung“ regt sofort das „Aufpassen“ wieder
an. Das Nachlassen des Aufpassens kann sich also scheinbar
ausschließlich auf die einförmige Empfindung eines einzigen Punk-
tes beziehen. Der Vorgang macht sich bei schwellennahen Reizen
am meisten geltend. Überschreitet der Reiz eine gewisse Größe,
so zieht er die Aufmerksamkeit auf sich. In dieser Beziehung
besteht auch ein wesentlicher Unterschied zwischen Druck und
Schmerz. Auf den schwellennahen Druck muß ich aufpassen, um
ihn zu beantworten, während der schwellennahe Stich „weh tut“.
Die passive Aufnahmebereitschaft besteht z. B. darin, daß ich
mir vornehme, während des Versuches an nichts anderes zu
denken. Auch hier gibt es gradweise Unterschiede, die kein psy-
chologischer Versuch einwandfrei klärt. Der Grad der Ablenkung
kann mehr oder weniger bewußt, stärker oder geringer sein. Es
kommt zu einem Wechselspiel zwischen bewußter Aufmerksam-
keit und halbbewußter Träumerei, das ein dauerndes Schwanken
der Empfindungsschwelle vortäuscht. Das beste Beispiel hierfür
ist eine Kranke mit Zählzwang. Sie paßte so gut auf, daß beim
Vexierversuch keine Aufmerksamkeitsstörung bemerkt wurde. Plötz-
lich aber begann sie während des Umstimmnngsversuches leise
vor sich hin zu zählen. Bis dahin hatte sie alle Reize richtig
beantwortet.
Endlich wissen wir nicht, wie weit durch die Aufmerksamkeit
die physiologischen Vorgänge im peripheren Organ beeinflußt
werden. Es ist möglich, daß zwischen Erregungsablauf in den
sensiblen Neuronenketten und Aufmerksamkeit ursächliche Be-
ziehungen bestehen.
d) Die Änderung der biologischen Bedingungen.
Eine weitere Störungsmöglichkeit für die Konstanz der Schwelle
sind die Veränderungen der biologischen Vorgänge im sensiblen
Organ. Denn die Erregbarkeit hängt z. B. vom Grad der Durchblutung,
vom Quellungszustand, vom Salzgehalt ab, und diese Einflüsse
können im Krankheitsfall sehr rasch wechseln. Es ist daher leicht
verständlich, daß wir bei dem gleichen Kranken die Schwellen-
 
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