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Hattingberg, Immo; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1939, 10. Abhandlung): Sensibilitätsuntersuchungen an Kranken mit Schwellenverfahren: aus der Nervenabteilung der Medizinischen Klinik der Universität Freiburg i. Br — Heidelberg, 1939

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43768#0102
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an Kranken mit Schwellenverfahren

103

Veränderlichkeit nicht an jedem Tag finden. So kann sie, wie in
dem Beispiel des Falles 205 (S. 85) nach Art eines sensiblen
Jackson-Anfalles plötzlich auftreten und wieder verschwinden.
Welche Bedeutung diese biologischen Bedingungen im Einzel-
fall haben, wird unter anderem auch davon abhängen, ob die
Schädigung eine Narbe ist oder z. B. eine frische entzündliche Ver-
änderung.
Die Gegenüberstellung dieser Einflüsse lehrt, daß wir im Einzel-
fall oft nicht sagen können, ob eine Schwellenveränderung durch
den Funktionswandel, durch die Kontraständerung oder durch
Aufmerksamkeitsstörungen bedingt ist. Der Um Stimmungs-
versuch läßt also keinen direkten Schluß auf die
Funktion zu.
2. Welche Ausgleichsmöglichkeiten können die Beständigkeit
der gestörten Sensibilität erhalten ?
a) Die Adaptation.
Wenn die Flächenschwelle einer Hautstelle durch Paraesthesien
oder Schmerzen in der Umgebung gestört ist, so kann man sich
an die Mißempfindungen so weit gewöhnen, daß auf dieser Fläche
trotzdem schwellennahe Reize wahrgenommen werden. Diese Adap-
tation geht im Wesentlichen unbewußt vor sich, kann aber durch
Übung bewußt weitgehend gefördert werden.
Wenn man z. B. einen kräftigen Druck auf die Haut ausübt,
so steigt die Druckschwelle der in der Nähe liegenden Punkte
zunächst erheblich an, erstens weil der starke Druck die Auf-
merksamkeit auf sich zieht und zweitens weil die Nachbarpunkte
mit in Erregung versetzt werden. Durch Übung gelingt es, sich
immer schneller an diesen Druck zu adaptieren, sodaß man
schwellennahe Einzelreize, die daneben gesetzt werden, immer
schneller und sicherer herausempfindet.
Dieses Beispiel gilt für periphere Mißempfindungen ebenso wie
für die Erscheinungen, die während der Hyperpathie bei Thala-
musschädigung die Beständigkeit der Schwelle beeinträchtigen.
b) Die Verstärkung.
Die Bedeutung der Verstärkung für den Ausgleich von Sen-
sibilitätsstörungen wurde durch v. Weizsäcker (27) und Bohnen-
kamp (28) hervorgehoben. W ie gezeigt, kann die Verstärkung der
Punkte untereinander einen solchen Grad erreichen, daß die un-
 
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