Metadaten

Ploetz, Theodor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1940, 10. Abhandlung): Beiträge zur Kenntnis des Baues der verholzten Faser — Heidelberg, 1940

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.43802#0006
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
6

Theodor Ploetz: Zur Kenntnis

und hat auch schon viel Widerspruch hervorgerufen. Für das
isolierte Lignin ist, vor allem durch die Arbeiten der Freuden-
BERG’schen Schule, die Frage nach seiner chemischen Natur grund-
sätzlich zu Gunsten der aromatischen Natur gelöst. Dies gilt, wie
auch Freudenberg immer wieder betont hat, für das isolierte
Lignin. Hilpert greift aber auf das Holz bzw. die natürliche ver-
holzte Faser zurück, und hier muß man, bei aller Ablehnung, die
sich auch im folgenden ergeben wird, anerkennen, daß seine
Auffassung mit aller Deutlichkeit jene Probleme in den Vorder-
grund gestellt hat, die der allgemein üblichen „Chemie der Holz-
bestandteile“ nur zu leicht entgehen. Das sind eben jene Fragen
nach dem Wesen und dem chemischen Verhalten der noch von
jedem chemischen Agens unberührten verholzten Zelle.
Auf Grund seines Versuchsmaterials kommt Hilpert zu dem Schluß,
daß weder Cellulose noch Lignin im Holz selbst vorliegen, sondern daß
beide Stoffe erst durch chemische Reaktionen, die sich bei der Aufarbei-
tung des Holzes abspielen, gebildet werden. Das Lignin soll dabei in
Sonderheit aus hochempfindlichen Kohlenhydraten, die im Holz in Form
von methoxylhaltigen Anhydriden vorliegen, entstehen.
Wenn man nun auch einwenden kann, daß es doch sehr unwahrschein-
lich ist, daß der Angriff mit verschiedensten Agentien, also z. B. unabhängig
davon, ob er sich im sauren oder im alkalischen Medium vollzieht, zu
gleichartigen „Reaktionsprodukten“ führen soll, so ist dieses Argument
allein nicht entscheidend. Hilpert weist demgegenüber darauf hin, daß
man der Holzanalytik unverhältnismäßig große Fehlergrenzen einräumt.
Dies gilt besonders für die Ligninbestimmung, die tatsächlich nicht nur
bei verschiedenen Aufschlußwegen, sondern auch innerhalb einer be-
stimmten Methodik ungewöhnliche Schwankungen in Ausbeute und Zu-
sammensetzung des isolierten Lignins aufweist. (In der vorliegenden Ar-
beit hat die letztere Tatsache übrigens eine befriedigende Aufklärung
gefunden.)
Die Lage ist hier dadurch erschwert, daß wir in Holzbestandteilen,
die auf irgendeinem Wege isoliert sind, mit großer Wahrscheinlichkeit in
den meisten Fällen Gemische sehen müssen. Ist es aber schon sehr
schwierig, die Homogenität eines Produktes zu beweisen, so wird es
fast unmöglich, mit unseren heutigen Mitteln die Identität zweier
solcher Stoffe festzustellen. Analysendaten sind hier jedenfalls ziemlich
belanglos.
Es ist klar, daß Hilpert mit seinem Postulat von unbekannten
hochempfindlichen Kohlenhydraten eine Situation geschaffen hat,
deren Klärung auf klassisch-chemischem Wege kaum möglich
sein dürfte, weil dann eben jeder chemische Eingriff unbekannte
Reaktionen an unbekannten Stoffen ablaufen lassen kann, die
zu Produkten führen, deren Ähnlichkeit wir zwar feststellen,
deren Identität wir aber nicht beweisen können.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften