8 W. SOERGEL: Der Klimacharakter
Allerdings lebten diese Kaltformen nicht zu jeder Zeit und nicht
im ganzen Bereich ihres diluvialen Vorkommens unter einem so
harten Klima, wie es während der hochglazialen Zeit im nicht ver-
eisten Mitteleuropa bestand. Manche, besonders das Rentier, er-
schienen in Mitteleuropa als winterliche Zuwanderer schon relativ
früh in der Vorstoßphase der Vereisungen, ehe die Temperaturen
den hochglazialen Tiefstand erreicht hatten. Aber sie fehlen wie
den wirklich interglazialen Ablagerungen so den untersten, näher
am Talrand meist nicht entwickelten Partien der diluvialen, wäh-
rend der glazialen Vorstoßpbasen gebildeten Flußaufschotterun-
gen. Hier liegen ihre Reste selten schon im oberen Teil der unteren,
vorherrschend erst in den mittleren und oberen Partien. Die Kalt-
formen kamen also erst weit nach dem Einsetzen der Klimaver-
schlechterung, erst mit einem weit zum glazialen hin abgewandel-
ten Klima. Das zeigt, daß sie zu Beginn des Würm- und, soweit
dem aus praktischen Gründen gerade die Wasser- und die Schlammführung des
Gletscherbaches gemessen wurde. Denn die sommerliche Steigerung der Wasser-
und Schlammführung von Gletscherbächen ist bedingt durch die während dieser
Jahreszeit verstärkte obere Ablation, also durch das Sommerklima des verglet-
scherten Gebietes. Soll das Klima zur Zeit der Bändertonbildung im Weistritztal
nach heutigen hochalpinen Verhältnissen beurteilt werden, so kann nur das Klima
im vergletscherten Gebiet, im vorliegenden Fall das im Gebiet des Jamferners
in Vergleich gezogen werden. Es ergibt sich dann eine mittlere Jahrestemperatur
von etwa — 1° C. Dabei bleibt allerdings sehr fraglich, ob heutige hochalpine
Klimaverhältnisse wirklich vergleichbar sind. Es ist zu berücksichtigen, daß Ost-
und Nordsee, die das Klima Mitteleuropas heute im Sinne einer Temperatur-
milderung beeinflussen, damals nicht bestanden bzw. unter dem Eise lagen, daß
die Oberfläche sehr ausgedehnter Landgebiete infolge der Überdeckung mit sehr
mächtigen Eismassen wesentlich höher lag als heute und diese Gebiete daher
schon ohne die Kältewirkung der Eismassen eine wesentlich erniedrigte Jahres-
temperatur besaßen, daß überdies die Wärmeeinnahme dieser Gebiete durch die
Albedowirkung stark gemindert gewesen ist. Die mittlere Jahrestemperatur zur
Zeit des Hochstandes einer Vereisung und besonders einer sehr ausgedehnten Ver-
eisung muß im direkten Vorland deshalb, wie an anderer Stelle (Soergel 1942b)
näher ausgeführt wurde, nicht nur etwas, sondern wesentlich unter 0° C gelegen
haben.
Dagegen spricht die Tierwelt nicht, die Schwarzbach in den Bändertonen des
Weistritztales in Fährten nachweisen konnte, denn in den Süßwassertümpeln des
westlichen Grönland findet sich nach Vanhöfen (1897) in Gebieten mit mitt-
lerer Jahrestemperatur von unter — 5° C ein reiches Tierleben, zahlreiche Cru-
staceen, Rotatorien, Würmer und 2 Wasserkäfer.
Auch im Hochstand der Vereisungen haben wir für weite
Teile des nicht vereisten Mitteleuropa mit einem dem gegen-
wärtigen arktischen vergleichbaren Klima zu rechnen.
Allerdings lebten diese Kaltformen nicht zu jeder Zeit und nicht
im ganzen Bereich ihres diluvialen Vorkommens unter einem so
harten Klima, wie es während der hochglazialen Zeit im nicht ver-
eisten Mitteleuropa bestand. Manche, besonders das Rentier, er-
schienen in Mitteleuropa als winterliche Zuwanderer schon relativ
früh in der Vorstoßphase der Vereisungen, ehe die Temperaturen
den hochglazialen Tiefstand erreicht hatten. Aber sie fehlen wie
den wirklich interglazialen Ablagerungen so den untersten, näher
am Talrand meist nicht entwickelten Partien der diluvialen, wäh-
rend der glazialen Vorstoßpbasen gebildeten Flußaufschotterun-
gen. Hier liegen ihre Reste selten schon im oberen Teil der unteren,
vorherrschend erst in den mittleren und oberen Partien. Die Kalt-
formen kamen also erst weit nach dem Einsetzen der Klimaver-
schlechterung, erst mit einem weit zum glazialen hin abgewandel-
ten Klima. Das zeigt, daß sie zu Beginn des Würm- und, soweit
dem aus praktischen Gründen gerade die Wasser- und die Schlammführung des
Gletscherbaches gemessen wurde. Denn die sommerliche Steigerung der Wasser-
und Schlammführung von Gletscherbächen ist bedingt durch die während dieser
Jahreszeit verstärkte obere Ablation, also durch das Sommerklima des verglet-
scherten Gebietes. Soll das Klima zur Zeit der Bändertonbildung im Weistritztal
nach heutigen hochalpinen Verhältnissen beurteilt werden, so kann nur das Klima
im vergletscherten Gebiet, im vorliegenden Fall das im Gebiet des Jamferners
in Vergleich gezogen werden. Es ergibt sich dann eine mittlere Jahrestemperatur
von etwa — 1° C. Dabei bleibt allerdings sehr fraglich, ob heutige hochalpine
Klimaverhältnisse wirklich vergleichbar sind. Es ist zu berücksichtigen, daß Ost-
und Nordsee, die das Klima Mitteleuropas heute im Sinne einer Temperatur-
milderung beeinflussen, damals nicht bestanden bzw. unter dem Eise lagen, daß
die Oberfläche sehr ausgedehnter Landgebiete infolge der Überdeckung mit sehr
mächtigen Eismassen wesentlich höher lag als heute und diese Gebiete daher
schon ohne die Kältewirkung der Eismassen eine wesentlich erniedrigte Jahres-
temperatur besaßen, daß überdies die Wärmeeinnahme dieser Gebiete durch die
Albedowirkung stark gemindert gewesen ist. Die mittlere Jahrestemperatur zur
Zeit des Hochstandes einer Vereisung und besonders einer sehr ausgedehnten Ver-
eisung muß im direkten Vorland deshalb, wie an anderer Stelle (Soergel 1942b)
näher ausgeführt wurde, nicht nur etwas, sondern wesentlich unter 0° C gelegen
haben.
Dagegen spricht die Tierwelt nicht, die Schwarzbach in den Bändertonen des
Weistritztales in Fährten nachweisen konnte, denn in den Süßwassertümpeln des
westlichen Grönland findet sich nach Vanhöfen (1897) in Gebieten mit mitt-
lerer Jahrestemperatur von unter — 5° C ein reiches Tierleben, zahlreiche Cru-
staceen, Rotatorien, Würmer und 2 Wasserkäfer.
Auch im Hochstand der Vereisungen haben wir für weite
Teile des nicht vereisten Mitteleuropa mit einem dem gegen-
wärtigen arktischen vergleichbaren Klima zu rechnen.