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Best, Franz; Cohnheim, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [VerfasserIn] [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse (1910, 23. Abhandlung): Zur Physiologie und Pathologie der Magenverdauung: vier Arbeiten — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.37049#0010
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Franz Best und 0. Cohnheim:

Damit war erwiesen, daß eine Hypermotilität nicht zu er-
heblichen Grades eine Hyperazidität zu verursachen imstande
ist und daß diese Hypermotilität, welche wir durch Lähmung
des normalen hemmenden Säurereflexes erhalten hatten, wieder
aufzuheben' sein müsse, wenn wir die Wirkung der Säure von
vornherein zum Überwiegen brächten.
Das erwies sich auch als richtig; denn gaben wir den
Hunden vor oder mit der Probemahlzeit 15 Tropfen acid. mur.
dil., dann war die Einspritzung von Novocain wirkungslos; die
kräftige Dosis Salzsäure überwog die lähmende Novocainwirkung
und löste den Hemmungsreflex aus, wodurch eine zu schnelle
Entleerung des Magens verhindert wurde. Wir erhielten wieder
normale Zahlen für die Gesamtazidität.
Wie werden sich nun diese Vorgänge, die wir experimentell
hervorrufen können, im kranken Magen auseinander entwickeln?
Beim Katarrh der Magenschleimhaut ist die sezernierende
Kraft der Drüsen vermindert oder der Magensaft wird subazid
durch reichliche Schleimabsonderung; der Magensaft ist dann
zu schwach sauer, um die hemmende Säurewirkung entfalten
zu können; infolgedessen entleert sich der Magen zu schnell.
Der Hypermotilität folgt aber, wie wir gesehen haben, eine Hyper-
azidität (wenn die Drüsen zu reichlicher Absonderung noch
fähig sind). In diesem Stadium sieht der Arzt wohl die meisten
Patienten, da die Beschwerden durch die Hyperazidität am
größten sind.
Beim Neurastheniker ist die psychisch bedingte Hypermo-
tilität das primäre Moment.
In beiden Fällen kann dieser Hypermotilität durch kräftige
Dosen Salzsäure unter Vermittlung des Hemmungsreflexes be-
gegnet werden.
Die Absicht, ein Schema aufstellen zu wollen, nach dem
sich alle derartigen pathologischen Erscheinungen entwickeln
müßten, liegt natürlich durchaus fern; es sollte nur der Versuch
einer Erklärung sein, wie sich nach experimentellen Erfahrungen
in manchen Fällen die pathologischen Vorgänge auseinander ent-
wickeln können, und vor allem eine Erklärung für die merk-
würdige Erfahrung, daß bei schon bestehender Hyperazidität
innere Darreichung von Salzsäure von guter Wirkung ist.
 
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