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Lehmann, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1913, 13. Abhandlung): Neue Untersuchungen über flüssige Kristalle, 3 — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37372#0003
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Dringt man zwei feste Kristalle desselben Stoffs in ver-
schiedener Orientierung miteinander in Berührung, so bleiben
sie unverändert. Im Gegensatz hierzu fließen flüssige Kristalle
zusammen und suchen einheitliche Struktur anzunehmen, wie
insbesondere durch Änderung der Orientierung der optischen
Anisotropie zum Ausdruck kommt. Die Moleküle der flüssigen
Kristalle sind also beweglich, doch ist ihre Anordnung keine
regellose wie bei den gewöhnlichen Flüssigkeiten; sie üben viel-
mehr aufeinander eine Richtkraft aus, ähnlich wie frei beweg-
liche Magnete oder besser wie astatische Magnetsysteme.i)
Dieser bewegliche Gleichgewichtszustand dauert unverändert
so lange an, als die äußeren Umstände, welche ihn beeinflussen,
dieselben bleiben. Nach nicht zu weitgehender Störung stellt
er sich von selbst wieder her, falls die äußeren Umstände wieder
dieselben werden. Nur in seltenen Fällen freilich entspricht
die Anordnung der Moleküle der Raumgitterstruktur der regel-
mäßigen festen Kristalle. Meist ist nur die Achse, um welche
sich die Moleküle besonders leicht drehen, bei allen Molekülen
parallel, während die dazu senkrechten Nebenachsen alle mög-
lichen, sich beständig ändernden Richtungen einnehmen. Diese
halb- oder pseudoisotrope Struktur-) hält die Mitte zwischen
derjenigen homogener fester Kristalle und der homogener nicht
kristallinischer Flüssigkeiten. Sehr häufig ist aber nicht einmal
Homogenität vorhanden; es finden sich Diskontinuitätsstellen der
Struktur, Zwillingsbildungen, sphärolithische und fächerförmige
Gruppierungen der Molekülhauptachsen, konische Störungen usw.,
wofür in den beiden ersten Teilen dieser Untersuchungen mannig-
fache Beispiele gegeben sind.
Die wesentlichen Eigenschaften der kristallinisch-flüssigen
Stoffe wie Schmelz-, Erstarrungs- und Umwandlungspunkt, Lös-
lichkeit, Dampftension usw. werden durch derartige Modifi-

p Siehe 0. LEHMANN, Die IFeM Jer /MssiyeM DrisiaKe, 1911, 346.
2; A. a. 0., S. 196ff.

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