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Lenard, Philipp [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1914, 27. Abhandlung): Probleme komplexer Moleküle, 1: Verdampfung und osmotischer Druck — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.37450#0018
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18 (A. 27)

P. Lenard:

Anziehungskräfte zwischen den Molekülen des gelösten Stoffes und
des Lösungsmittels überhaupt keine Rolle, so daß das der Er-
fahrung entsprechende Endresultat der Einflußlosigkeit dieser
speziellen Kräfte von vornherein selbstverständlich erscheint. Man
vergleiche damit die schwer verständlichen Umwege, auf welchen
z. B. H. A. LoRENTz^), BoLTZMANN^ und andere Autoren, denen
prinzipielle Klarheit wesentliches Bedürfnis war, bemüht waren,
jene von der speziellen Natur der Moleküle abhängigen Anziehungs-
kräfte von dem Endresultat fern zu halten, nachdem dieselben
zuerst als wesentlich mitwirkend angenommen worden waren.
Daß es in der Tat gar nicht nötig ist, diese Anziehungskräfte in
die Theorie der Dampfspannungserniedrigung — und ebenso auch
des osmotischen Druckes^) — einzuführen, ergibt sich in unserer
Vorstellung daraus, daß diese Anziehungskräfte als schon beim
Vorgang der Auflösung abgesättigt angesehen werden
können, indem dieser Vorgang in einer eben durch diese Kräfte
bewirkten Umgruppierung der Moleküle besteht, derart, daß die
Moleküle des festen Körpers voneinander getrennt und dauernd
mit einer Anzahl der lösenden Flüssigkeitsmoleküle zusammen-
gruppiert werden, als welche Gruppen sie dann die von uns be-
trachteten Lösungsmoleküle darstellend).
Die speziellen von der Natur der Moleküle des gelösten Kör-
pers abhängigen Molekularkräfte erscheinen demnach in unserem
Bilde nur innerhalb des komplexen Moleküles selbst wirkend,
das sie Zusammenhalten, nicht über dessen Volumen hinaus,
was aber auch ganz der sonstigen Eigenart solcher chemischer
Kräfte entspricht; sie bewirken daher weiter nichts als die Kom-
plexbildung und damit die Unverdampfbarkeit, aus welcher wir
alles weitere folgerten^).
24) H. A. LoRENTZ, Zeitschr. f. Phys. Chemie, 7, 8. 36, 1891.
25) L. BOLTZMANN, Zeitschr. f. Phys. Chemie, 6, S. 474, 1890 und 7,
8. 88, 1891.
25) Die Anwendung auf die Gefrierpunkterniedrigüng von Lösungen
ist ebenfalls möglich.
2^) Ein extremer Fall des Vorgangs ist die elektrolytische Dissoziation,
welche bekanntlich ebenfalls bereits bei der Herstellung der Lösung eintritt
und bei welcher die Moleküle des festen Körpers sogar bis in ihre Ionen zer-
teilt werden, ebenfalls unter Angruppierung von Lösungsmittelmolekülen,
was in diesem Falle durch die Untersuchungen von F. KonLRAuscH besonders
festgestellt ist.
25) Im Falle flüchtiger gelöster Körper ist anzunehmen, daß mindestens
ein Teil der Moleküle ohne Anlagerung in der Lösung vorhanden ist.
 
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