Metadaten

Goldschmidt, Victor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1921, 12. Abhandlung): Über Complikation und Displikation — Heidelberg: Winter, 1921

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.56266#0036
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
36

Victor Goldschmidt:

Wir sehen, die Combinationsreihe Comb (4) ist in der Normal-
reihe N4 enthalten, nur fehlen einige Glieder, und zwar gerade die
naturwissenschaftlich unwichtigen.
Beispiel. In der Musiklehre wird in der Chromatik der mo-
dernen Musik die Reihe N3 = Comb (3) überschritten und es ist zu
prüfen, ob der neue Schritt zu Comb (4) oder zu N4 führt. Nach
meinen Erfahrungen läßt sich das praktisch schwerlich entscheiden.
(Die Temperierung ist das Hindernis, dazu die schwebenden Ak-
korde und die Modulation mit ihren Schiebungen.) Doch ist die
prinzipielle Entscheidung von Interesse. Vieles spricht für Comb (4).
Ich betrachte den Fall der Complikation theoretisch und gene-
tisch als den bedeutsameren. Doch ist es nötig, alle Wege auszu-
bauen. Solange die Scheidung nicht vollzogen ist, wollen wir nur
von Complikation reden.
Rang und Wahrscheinlichkeit. Die Reihen N() Nt N2 N3 • • • Nn
(resp. ihre Gegenbilder in der Natur) sind ungleich nach Häufigkeit
und Wichtigkeit. Wir sagen: sie sind ungleich im Rang. Je kleiner
n ist, desto höher ist der Rang. Die wichtigste Reihe nach No ist Nt.
Weit zurück steht N2, noch viel weiter N3. Die Reihe N4 ist be-
reits so schwach, daß sie zu den größten Seltenheiten gehört. Von
N5 und darüber sind Häufigkeit und Wichtigkeit so gering, daß
Reihen N5 praktisch nicht existieren.
Ebenso haben die einzelnen Zahlen jeder Reihe resp. deren
Gegenwerte in der Natur ihre Rangordnung unter sich. Den höch-
sten Rang haben die Grenzwerte 0* oo. Dann folgt 1, dann |2,
dann |3, dann ff, dann £ usw. Der Rang der Zahl ist um so
höher, je einfacher die Zahl ist, je näher dem Bildungsanfang.
Die Wahrscheinlichkeit und damit die Häufigkeit und Wichtigkeit,
sinkt rapid mit fortschreitender Complikation. Das Maß der Ab-
nahme ließe sich vielleicht nach den Methoden der Wahrscheinlich-
keitsrechnung auf eine Formel bringen.
Adam Riese hat ganz recht, wenn er auf das Schild seines
berühmten Rechenbüchleins das Zahlenmotto setzte: 2X2 = 4.
Das ist das Fundamentale in der Rechenkunst. 3X7 = 21 ist
ebenso wahr, aber es steht an Häufigkeit und Wichtigkeit weit zu-
rück hinter 2X2 = 4. Auf ein Buch über Harmonie ließe sich
als Zahlenmotto setzen: N2 = 0 J 1 2 oo.
Die Normalreihen N sind das Kriterium für die Herrschaft
des Complikationsgesetzes in einem Gebiet. Sie zeigen den Weg
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften