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Goldschmidt, Victor; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung A, Mathematisch-physikalische Wissenschaften (1921, 12. Abhandlung): Über Complikation und Displikation — Heidelberg: Winter, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.56266#0046
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Victor Goldschmidt:

Soll die Reihe ins Unendliche verlaufen und zugleich mechanisch
einen Sinn haben, so muß sie konvergent sein. Das heißt: die
Stärke der neu eingeschobenen Glieder muß mit der Ableitungszahl (n)
so rasch abnehmen, daß die Reihe konvergiert. Die letzten einge-
schobenen Glieder sind unendlich klein. Die rasche Abnahme hat
zur Folge, daß nach einer kleinen Zahl von Einschiebungen in der
Natur die zutretenden Glieder so schwach werden, daß sie nicht
in die Erscheinung treten. Die Reihe ist theoretisch als eine
unendliche Reihe zu behandeln. Praktisch ist sie eine endliche
infolge Vernachlässigung späterer (jüngerer, schwächerer) Glieder.
Von der Stärke de^ eingeschobenen Vektoren hängt ihre
Wahrscheinlichkeit ab. Sinkt die Wahrscheinlichkeit unter eine
bestimmte Grenze, so wird sie praktisch, d. h. für die Ausbildung
in der Natur gleich 0.
Wir können mathematisch die Complikationsreihe allge-
mein als eine unendliche konvergente Reihe ansehen, von der
praktisch (physikalisch) nur die ersten abgeleiteten, die stärk-
sten, die wahrscheinlichsten Glieder in die Erscheinung treten.
Von dieser unendlichen Reihe (Complikationsreihe) interessiert
uns nicht die Summe. Diese ist immer = 1 -j- i. Uns interessiert
vielmehr die Zahl der Glieder, deren Stärke, Richtung, Wahr-
scheinlichkeit. Da, wo sich in der Natur die Intensität eines Gliedes
durch Messung nicht streng bestimmen läßt, läßt sich doch oft die
Richtung und Rangordnung gewinnen. Die mathematisch für die
Einzelglieder abgeleiteten Werte kontrollieren und korrigieren die
beobachteten Maße und Zahlen.
Unstetigkeit der Reihe. Bedenken. Die Complikationsreihe
besteht aus einer Anzahl rationalzahliger Glieder, die durch Über-
gänge nicht verbunden sind; sie bilden somit eine unstetige Reihe.
Nun geben die Zahlen der Reihe das Bild eines Naturvorganges
(der Complikation). Alle Naturvorgänge aber sind stetig. Die Natur
kennt keine Sprünge. Wie ist die Unstetigkeit zu erklären?
Die Lösung des Widerspruchs dürfte darin zu suchen sein, daß
die den einzelnen Zahlen entsprechenden Größen Kulminationen
sind (Maxima, Verdichtungen). Solche Kulminationen bilden in der
Natur Reihen mit rationalen Distanzen, so z. B. die Höhenpunkte eines
Wellenzugs.
Der Begriff unstetig ist hier so zu verstehen, daß bei dem
hier ausschließlich gedachten Fortschreiten der Variabein n nach
 
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