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Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0005
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Metasyphilis des Nervensystems.

(B. 4) 5

Die dritte Phase wird bezeichnet durch die Entdeckung des
Syphiliserregers, der Spirochaete pallida durch Schaudinn
und Hoffmann (1905). Ihr Nachweis gelang bei allen möglichen
primären, sekundären und tertiären Manifestationen der Syphilis
mit fast völliger Regelmäßigkeit. —Aber er gelang —trotz eifrigen
Suchens — nicht bei der Tabes und Paralyse!
Die vierte Phase der Entwicklung wird durch die Einführung
der serologischen Diagnostik durch Wassermanns Komplement-
bin dungsreaktion eingeleitet. Diese vielversprechende Reak-
tion schien uns rasch dem Ziele näher zu führen. Man untersuchte
mit ihr das Blutserum und weiterhin auch den Liquor cerebro-
spinalis. Ihr positiver Ausfall beweist, daß sicher Lues vorhan-
den ist oder war; ihr negativer Ausfall freilich konnte das
Gegenteil nicht beweisen.
Die Ergebnisse dieser Reaktion waren nun bei der Paralyse
vollkommen schlagend: im Blut (Serum) sowohl wie im Liquor
war sie positiv (bei genauer Untersuchung) in nahezu 100%
der Fälle.
Bei der Tabes dagegen waren die Resultate zunächst etwas
niederschlagend: im Blut nur 60—70% positive Wa. Re. (also
noch viel weniger, als uns die klinische Untersuchung schon er-
geben hatte: über 90%!)!; im Liquor anfangs sogar nur 50%
— erst später mit Hilfe der verfeinerten „Auswertungsmethode“
von Hauptmann zunächst 87%, jetzt ebenfalls nahezu 100%
oder wirklich 100% positiver Befunde (Nonne).
Damit war also festgestellt, daß der Paralyse sowohl wie
der Tabes fast ausnahmslos eine Lues vorausging. Und
hierdurch auch die Frage, ob es keine Tabes oder Paralyse ohne
Lues gebe, in praktischer Hinsicht im Sinne von Möbius (,,nulla
tabes sine lue!“) entschieden.
Aber die entscheidende Tatsache, der Nachweis des Syphilis-
erregers bei den beiden Krankheiten fehlte noch immer.
Ihr Zusammenhang mit der Syphilis war nicht mehr zu
leugnen; aber doch weigerten sich viele noch, diese Krankheiten
als wirklich und echt syphilitische anzuerkennen (besonders auch
wegen der Eigenart ihrer histo-pathologischen Veränderungen,
wegen ihrer Resistenz gegen die Hg- und Jodtherapie usw.).
Man nannte sie deshalb wohl syphilogene Erkrankungen
und stellte verschiedene Ansichten über ihr Entstehen und über
die Art und Weise des Zusammenhangs auf. Das sind ganz be-
 
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