Metadaten

Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0016
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16 (B. 4)

W. Erb:

Stamm, der neurotrop war und bei Hunden zu degenerativen
Vorgängen an den hintern Wurzeln und den Trigeminuswurzeln
ganz ähnlich wie bei der Tabes führte; nach 10—12 Monaten
aber verlor dieser Stamm seine neurotrope Eigenschaft, ohne seine
sonstige Virulenz einzubüßen; also eine Art von „Trypanoso-
miasis ä virus nerveux“!
Man könnte daran fast die Hoffnung knüpfen, daß auch die
menschlichen, metaluetischen Spielarten einmal wieder ihre bösen
Eigenschaften verlieren und verschwinden könnten, ebenso wie
sie wohl auch im Lauf der Geschichte (als ein Produkt relativ
neuer Entstehung) aufgetreten sein mögen, um die Tabes und Para-
lyse zu erzeugen.
Ist ja auch Oskar Fischer schon geneigt, aus gewissen Er-
gebnissen der großen Statistik von Mattauschek und Pilcz
(4134 luetisch erkrankte österr. Offiziere umfassend) den aller-
dings noch sehr hypothetischen Schluß zu ziehen, daß im Laufe
der letzten Jahrzehnte eine Änderung (Abschwächung) der neuro-
toxischen Eigenschaften des Virus eingetreten sei (1. c. S. 140).
5. Warum führt die Metasyphilis in einem Falle
zur Tabes, im andern zur Paralyse? Warum ist in andern
Fällen beides vereinigt (Taboparalyse; Paralyse mit spinalen
Veränderungen; Tabes mit später hinzutretender Paralyse)?
Die Antwort ist schon im Vorstehenden gegeben; sie gründet
sich auf die Annahme zweier Unterarten der Lues nervosa, die
sich in dem Virus bei längerer Entwicklungszeit herausbilden,
sozusagen abzweigen, die aber nahe miteinander verwandt sind
und im einzelnen Falle wohl in verschiedenem Mengen- imd Inten-
sitätsverhältnis miteinander gemischt sein können; bald überwiegt
die eine Form erheblich und ruft dann nur Tabes hervor, bald die
andere Form, die zur Paralyse führt; oder sie werden beide aktiv
und führen dann zur Taboparalyse und ihren Unterarten.
Natürlich liegt hier der Gedanke nahe, daß auch die indivi-
duellen Verhältnisse der Infizierten, die verschiedenen auf sie
einwirkenden Schädlichkeiten oder ihre „Disposition“ zu -der
einen oder andern Erkrankungsform dabei eine Rolle spiele; sie
wird ja auch von verschiedenen Seiten behauptet und sogar mit
aller Entschiedenheit in den Vordergrund, sogar noch vor das
syphilitische Virus gerückt. Darauf ist unten noch zurückzu-
kommen.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften