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Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0022
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22 (B. 4)

W. Erb:

Nervensystem — die Beobachtungen über ausgesprochen chronisch
entzündliche Veränderungen an den Meningen und in den Nerven-
wurzeln.
P. Schroeder1) behauptet, daß Ansammlungen von Lympho-
zyten und Plasmazellen, auch primäre Gefäßschädigungen gerade
wie bei der Paralyse auch bei der Tabes in der Pia zu finden sind.
Und ganz besonders bedeutungsvoll erscheinen mir noch immer
(worauf ich schon 19052) hingewiesen habe) die Feststellungen
eines so zuverlässigen, gewissenhaften und erfahrungsreichen
Forschers wie Nageotte. Derselbe hat erst vor kurzem wieder3)
mit aller Bestimmtheit seine Ansicht dahin geäußert, „daß das
Charakteristische für die Tabes eine entzündliche Läsion sei,
welche eine gewisse (größere oder kleinere) Zahl von sensiblen
(und motorischen) Wurzeln an ihren Austrittstellen aus der
Arachnoidea, am sog. Nerf radiculaire befällt, und die von einer
allgemeinen, spezifischen, sehr wenig intensiven, aber sehr dif-
fusen Meningitis, einer „Syphilose der Meningen“ abhängt“.
Dejerine, Babinski und andere französische Autoren stim-
men ganz mit dieser Anschauung überein. Und auch in Deutsch-
land ist schon vor Jahren (J. Höffmann, Dinkler u. a.) auf das
häufige Vorkommen von meningitischen Veränderungen auf der
hinteren Rückenmarkshälfte bei der Tabes hingewiesen worden. —
Auch die konstante Lymphozytose des Liquor bei der Tabes
spricht doch mit großer Entschiedenheit dafür, daß vaskuläre
Störungen nicht weit sind — also für die „Syphilose der Meningen“ !
Aber das alles ist etwas unsicher und nicht allgemein aner-
kannt. Ich vermute, daß wir noch vor einer ganzen Reihe der-
artiger histopathologischer Entdeckungen, sowohl bei der Paralyse
wie bei der Tabes stehen, die klärend auf unsere Anschauungen
wirken werden. Der Gegenstand ist ungemein schwierig und nur
durch sehr mühsame und weit ausgedehnte Forschungen zu be-
wältigen. Man wird eben auch an den richtigen Stellen und im
geeignetsten Krankheitsstadium untersuchen und besonders die
noch fortschreitenden Erkrankungen auswählen müssen. •— Viel-
leicht hat man bisher zu viel auf das Charakteristische, das Tren-
nende geachtet, und das Vereinigende, die Übergänge und Zwisc.hen-
1) Zitiert bei Ed. Müller in Mohr und Stähelins Handbuch d. inn.
Med. Y, S. 141, 1912.
2) 1. c. in der „Medizin. Klinik am Eingang-des 20. Jahrhunderts“.
3) Revue neurologique 1911, XXII, 2, S. 752.
 
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