24 (B. 4)
W. Erb:
der Spirochäten (— Gegensatz zwischen gummösen und meta-
luetischen Prozessen! —) zu beantworten wären, so kann man doch
noch weiter fragen: sind es die modifizierten Spirochäten
selbst, die durch ihre Anwesenheit im Gewebe, durch ihre direkte
Reiz- und Giftwirkung die gliovaskulären sowohl wie die degenera-
tiven Störungen machen, oder bewirken sie vielleicht nur die
ersteren, während die anderen durch von ihnen ausgehende Toxin-
wirkungen (Toxine, Antigene, Antikörper usw.) ausgelöst werden ?
Es scheint mir fast, als wäre dies jetzt eine müßige Frage ge-
worden; denn wo die Spirochäten sind, sind ja auch ihre Toxine
zu finden und können in der nächsten Umgebung wirksam sein;
immerhin wäre ja wohl die Möglichkeit gegeben, daß diese letzteren
mit der Blut- und Lymphbahn zu entfernteren Teilen hingeführt
werden und auch dort Veränderungen auslösen, wo keine Spiro-
chäten sind. Auch könnten ja die im Blut und in den Geweben
erzeugten Antikörper eine selbständige und weiterwirkende Schäd-
lichkeit für entferntere Stellen bedeuten.
Es müßte zunächst ein gewisses Parallelgehen der Zahl und
Massenhaftigkeit und der feineren Lokalisation der Spirochäten
(an den Gefäßen, den Ganglienzellen) mit den wichtigsten histo-
pathologischen Veränderungen festgestellt werden, ehe man dar-
über weiter debattieren kann. Die Anfänge dazu sind vielleicht
in Tierexperimenten gegeben, über die jüngst in Baden-Baden von
Steiner berichtet wurde1).
Das sind aber alles Fragen, die auf höchst subtile biologische
Vorgänge hinzielen, deren allmähliche Aufklärung ebenfalls ein
Gegenstand der weiteren Forschung sein muß.
10. Warum erkranken von den unzähligen Luetikern
jeweils nur wenige (zwischen 3-—7%) an Metalues des
Nervensystems? Warum die einen an Tabes, die andern
an Paralyse ?
ß Dort bei der diesjährigen Neurologenversammlung wurden an einem
Noguchipräparat sehr weitgehende Möglichkeiten von Benario demonstriert:
an einer Stelle nur spärliche, über das Gesichtsfeld verstreute Spirochäten,
während an einer anderen das Gesichtsfeld von solchen geradezu wimmelte.
— Auch bleibt noch immer zu bedenken, daß wir an unsern anatomischen
Präparaten ja doch jeweils nur ein „Momentbild“ der histologischen Vor-
gänge, bzw. von der Menge der Spirillen vor Augen haben, das sich von einem
Tage oder jedenfalls von einer Woche zur andern verändern kann. Endlose
Schwierigkeiten!
W. Erb:
der Spirochäten (— Gegensatz zwischen gummösen und meta-
luetischen Prozessen! —) zu beantworten wären, so kann man doch
noch weiter fragen: sind es die modifizierten Spirochäten
selbst, die durch ihre Anwesenheit im Gewebe, durch ihre direkte
Reiz- und Giftwirkung die gliovaskulären sowohl wie die degenera-
tiven Störungen machen, oder bewirken sie vielleicht nur die
ersteren, während die anderen durch von ihnen ausgehende Toxin-
wirkungen (Toxine, Antigene, Antikörper usw.) ausgelöst werden ?
Es scheint mir fast, als wäre dies jetzt eine müßige Frage ge-
worden; denn wo die Spirochäten sind, sind ja auch ihre Toxine
zu finden und können in der nächsten Umgebung wirksam sein;
immerhin wäre ja wohl die Möglichkeit gegeben, daß diese letzteren
mit der Blut- und Lymphbahn zu entfernteren Teilen hingeführt
werden und auch dort Veränderungen auslösen, wo keine Spiro-
chäten sind. Auch könnten ja die im Blut und in den Geweben
erzeugten Antikörper eine selbständige und weiterwirkende Schäd-
lichkeit für entferntere Stellen bedeuten.
Es müßte zunächst ein gewisses Parallelgehen der Zahl und
Massenhaftigkeit und der feineren Lokalisation der Spirochäten
(an den Gefäßen, den Ganglienzellen) mit den wichtigsten histo-
pathologischen Veränderungen festgestellt werden, ehe man dar-
über weiter debattieren kann. Die Anfänge dazu sind vielleicht
in Tierexperimenten gegeben, über die jüngst in Baden-Baden von
Steiner berichtet wurde1).
Das sind aber alles Fragen, die auf höchst subtile biologische
Vorgänge hinzielen, deren allmähliche Aufklärung ebenfalls ein
Gegenstand der weiteren Forschung sein muß.
10. Warum erkranken von den unzähligen Luetikern
jeweils nur wenige (zwischen 3-—7%) an Metalues des
Nervensystems? Warum die einen an Tabes, die andern
an Paralyse ?
ß Dort bei der diesjährigen Neurologenversammlung wurden an einem
Noguchipräparat sehr weitgehende Möglichkeiten von Benario demonstriert:
an einer Stelle nur spärliche, über das Gesichtsfeld verstreute Spirochäten,
während an einer anderen das Gesichtsfeld von solchen geradezu wimmelte.
— Auch bleibt noch immer zu bedenken, daß wir an unsern anatomischen
Präparaten ja doch jeweils nur ein „Momentbild“ der histologischen Vor-
gänge, bzw. von der Menge der Spirillen vor Augen haben, das sich von einem
Tage oder jedenfalls von einer Woche zur andern verändern kann. Endlose
Schwierigkeiten!