Metadaten

Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0029
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Metasyphilis des Nervensystems. (B. 4) 29
logischen und parasitologischen Probleme, die hier nicht weiter
erörtert werden können.
Aber machen wir noch eine andere Probe auf die Häufigkeit
der „Disposition“ bei Tabikern!
Aus einer auf 10000 Männer der besseren Stände, die nicht
tabisch waren, sich erstreckenden Statistik1) (von welcher eine
ganze Anzahl Paralytiker aber nicht ausgeschlossen war) ergab
sich, daß nur ca. 21,5% derselben mit Lues (inkl. Schanker allein)
behaftet waren; also sind unter 1000 solcher Männer 215 Syphi-
litiker (oder sagen wir meinetwegen mit Rücksicht auf die mög-
lichen Irrtümer und auf das, was uns neuerdings die Wass. Reakt.
gelehrt hat — sogar 300!) — daraus werden sich, nach den beiden
oben zitierten Statistiken bei 1,6% Tabikern nur höchstens 5 Ta-
biker (oder mit der MATTAUsciiEKSchen letzten Korrektur etwa
8 Tabiker), und für Tabes und Paralyse zusammen, selbst wenn
wir die Höchstzahlen von 6—10% (s. ob.) einsetzen, höchstens
18—30 Metaluetiker unter 1000 Männern ergeben!
Dies Resultat ist doch frappierend! Und ich frage die Fana-
tiker der „Disposition“, ob es etwa denkbar ist, daß unter 1000
Männern in dem zivilisierten Europa, bzw. bei den 300 Syphili-
tikern unter diesen sich nur 5—8 (für die spätere Tabes allein)
oder selbst nur 18—30 Individuen (für Tabes und Paralyse zu-
sammen) mit nervöser Belastung mit „tabischer und paralytischer,
Konstitution“ oder Disposition, mit asthenischem Habitus, mit
mangelhafter Funktion der Blutdrüsen, mit geistiger oder kör-
perlicher Überanstrengung, Exzessen, Alkoholmißbrauch usw.
finden sollten. Das ist doch ganz ausgeschlossen!
Und nun stelle man diesen Ergebnissen die Tatsachen gegen-
über, welche uns die Lues nervosa vorführt! Ich zitiere noch ein-
mal einige von den oben (S. 14) angeführten Beispielen: den Fall
von Brosius: fünf von einer Quelle infizierte Männer werden
später untersucht, 4 davon sind metaluetisch erkrankt = 80%;
den Fall von Erb: 5 sonst gesunde Männer koitieren am gleichen
Tage mit derselben Frau: 4 werden syphilitisch und alle später
metaluetisch krank = 100%; den Fall von Morell-Lavallee :
5 junge Männer, der Reihe nach in mehreren Jahren von einer und
derselben Quelle infiziert, mit 5 Erkrankten = 100%.!
1) S. W. Erb: Syphil. und Tabes. Berlin, klin. Wochenschr. 1904, Nr. 1
bis 4 und Artikel: „Tabes“ in v. Leyden und Felix Klemperer, Deutsch.
Klin. am Eingang des 20. Jahrh. VI, 1, 1905, S. 813.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften