Metadaten

Erb, Wilhelm Heinrich; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 4. Abhandlung): Die beginnende Klärung unserer Anschauungen über den Begriff der Metasyphilis des Nervensystems — Heidelberg, 1913

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37627#0031
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Metasyphilis des Nervensystems.

(B. 4) 31

schiedenen Rassen und Völkerschaften (bei den Japanern, Bos-
niaken, den Kirgisen und Negern usw.) Verschiedenheiten und
Eigentümlichkeiten darbietet; das klinische Bild der Lues, beson-
ders der endemischen Lues, weist doch sehr entschieden darauf
hin (Überwiegen der Haut-, Schleimhaut- und Knochensyphilis —
Zurücktreten der Nervensyphilis u. dgl.). — Ich erinnere nur an
den oben (S. 15) schon erwähnten Gegensatz zwischen der gum-
mösen und der nervösen Syphilis, der doch wohl auf Verschieden-
heiten der Spirochätenstämme und ihrer Eigenschaften beruht.
Zu meiner Freude haben auch Mattauschek und Pilcz in
ihrer neuesten Arbeit (1. c. S. 616) diese Verhältnisse speziell
für Ungarn einer statistischen Untersuchung unterworfen und dabei
gefunden, daß speziell für die Paralyse gerade die Ungarn selbst
eine um ein weniges höhere Disposition zu besitzen scheinen als
die andern dort lebenden Rassen, daß aber speziell für Ungarn
eine erheblich höhere Erkrankungsziffer bei der in Ungarn selbst
erworbenen Lues gegenüber der außerhalb Ungarns erworbenen
hervortritt, so daß das Bestehen territorial bedingter, re-
gionärer Verschiedenheiten des Virus in das Bereich der
Möglichkeit, bzw. Wahrscheinlichkeit gerückt wird. —* Das wird
auch anderswo des weiteren zu untersuchen sein.
Natürlich verkenne ich nicht die wahrscheinliche Wichtig-
keit der disponierenden Momente für die Entscheidung der Frage:
das Fehlen der Heredität und der neuropathischen Belastung, das
Fehlen der „Zivilisation“ mit ihren unendlichen Schädlichkeiten,
das Zurücktreten einzelner Gifte (Alkohol), das Fehlen der rast-
losen, unruhigen Lebensführung usw.
Also auch hier gibt uns die Metalues noch ein weites Feld
der künftigen Forschung.
Nach all dem Vorgetragenen bleibt somit noch eine Fülle
von ungelösten Fragen übrig, und immer neue Probleme stehen
auf; wir stehen erst am Anfang genauerer Erkenntnis des Wesens
der Metasyphilis, wenn auch jetzt die Bahn etwas freier geworden
ist für neue Fragestellungen und Forschungen.
Aber es muß noch eine unendliche Fülle von experimentell-und
histopathologischer, von biologisch-chemischer Laboratoriumsarbeit
zusammen mit eingehender klinischer und epidemiologischer For-
schung geleistet werden, ehe wir befriedigt auf dieses schwierige
und verwickelte Gebiet werden blicken können.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften