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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0032
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32 (B.. 5.)

G. Klebs,

noch fortdauert. Durch die starke Aufspeicherung der Stoffe wird
die fermentative Tätigkeit in den Zellen mehr und mehr behindert,
bis schließlich die Ruhe eintritt. Alle die Mittel, die zu einer
frühen Aufhebung der Ruhe führen, Wärme, Nährsalze, Feuchtig-
keit, Narkotika, Verwundungen, bewirken die gleiche innere Ver-
änderung, indem sie die fermentative Tätigkeit bis zu der für das
Wachstum nötigen Intensität steigern.
Diese Hypothese kann uns noch einen andern sehr wichtigen
Punkt erklären. Die Mittel sind an und für sich nicht nötig, da
nach längerer Zeit die Ruhe von selbst aufgehoben wird. Die Be-
deutung der Mittel liegt nur in ihrer katalytischen Wirkung; sie
beschleunigen einen Vorgang, der von selbst nur in sehr viel län-
gerer Zeit eintritt. Wir können physiologisch verstehen, warum
die Ruhe schließlich aufgehoben wird: denn auch eine ruhende
Knospe oder Knolle ruht nicht in allen Beziehungen. Unaufhör-
lich gehen in ihr gewisse chemische Prozesse vor sich, in erster Linie
unter dem Einfluß des eindringenden Luftsauerstoffs. Durch die
Oxydationen und die damit verbundenen Spaltungen wird lang-
sam das Hemmnis der zu hohen Konzentration beseitigt, die fermen-
tative Tätigkeit wird intensiver, und schon Sachs, wie Müller-
Thurgau haben gerade auf diese Erregung der Ferment Wirkung
als Grund für die Aufhebung der Ruhe mit Recht hingewiesen.
Dazu kommt die entscheidende Bedeutung der Temperatur, da
von ihr nach bekanntem Gesetz die Reaktionsgeschwindigkeit
aller chemischen Prozesse abhängt. Bei sehr niederer Temperatur,
unter 0°, ist diese unmerklich klein; über 0° beginnt die beschleu-
nigende Wirkung und um so stärker wird diese, je höher die Tem-
peratur bis zu einer gewissen Grenze steigt. Daher erklärt sich die
wichtige Rolle, die die Temperatur für die künstliche Aufhebung
der Ruhe spielt. Man wäre vielleicht berechtigt zu sagen, daß die
Beseitigung der Ruhe in höherem Grade von der Außenwelt un-
abhängig ist als die Entstehung der Ruhe. Denn wir stoßen hier
auf eine fundamentale allgemeine Eigenschaft jeder
spezifischen Struktur der lebenden Zellen, nämlich ihre
chemische Labilität, so daß von einem Temperaturminimum
ab und bei Eintritt des Sauerstoffs unaufhörlich chemische Pro-
zesse in den Zellen stattfinden müssen. Daraus darf man folgern,
daß die relativ grobe Ruhe der Knospen, Knollen usw. nur einen
Zwangszustand vorstellt, der durch irgend welche äußeren
Faktoren erzeugt worden ist.
 
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