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Klebs, Georg; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1913, 5. Abhandlung): Über das Verhältnis der Außenwelt zur Entwicklung der Pflanzen: eine theoretische Betrachtung — Heidelberg, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.37628#0034
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34 (B. 5.)

G. Klebs.

bestimmte Beschaffenheit verleiht, aus der notwendig unter ge-
wöhnlichen Verhältnissen eine gewisse Dauer der Ruhe folgt.
Wenn man von diesem Standpunkt aus die Winterknospe
der Buche, Eiche usw. betrachtet, so erscheint die eigentliche
Ruheperiode überhaupt nicht mehr so auffällig; sie läßt sich be-
reits heute einigermaßen verstehen. Dagegen wird jetzt die andere
noch sehr wenig untersuchte Frage in den Vordergrund gedrängt,
wie die Ruhe der Knospen im Sommer entsteht. Nach den Dar-
legungen müßte man erwarten, daß die Außenwelt dabei mitwirkt,
aber bisher kennen wir die Lebensbedingungen unserer Bäume
viel zuwenig, um etwas Bestimmtes aussagen zu können. Es wäre
doch möglich, daß nach der starken Frühjahrsentfaltung irgend
welche äußeren Faktoren auf das Wachstum der Zweige hemmend
einwirken. In einer ausführlichen Arbeit hat Späth (1912) die
Bildung der im Sommer entstehenden Triebe, der „Johannis-
triebe“, bei unseren Bäumen untersucht, und er kommt zu dem
Resultat, daß diese Johannistriebe einer auf inneren Ursachen
beruhenden ererbten Periodizität ihren Ursprung verdanken.
Es gelang ihm nicht, die Johannistriebbildung zu unterdrücken, und
ebensowenig, die Ruheperiode zwischen dem ersten Trieb und dem
Johannistrieb auszuschalten (vgl. dazu die Kritik von Lakon,
1913). Sehr merkwürdig ist es nun, daß Späth Resultate einiger
Versuche anführt, die gerade das Gegenteil seiner Auffassung be-
weisen (1912, S. 59—60). Denn bei einer Anzahl Eichen, die im
Dunkeln kultiviert wurden, zeigte es sich, daß die Zweige nach dem
erstenTreiben mit Ausschaltung der Ruheperiode kon-
tinuierlich fortwuchsen. Späth schiebt diese sehr interessanten
Beobachtungen, die meine Auffassung völlig bestätigen, ganz
beiseite, und zwar, weil mit dem Versuch eine starke Schädigung
der Pflanze verbunden sei. Für die prinzipielle Frage ist es aber
durchaus gleichgültig, durch welchen äußeren Faktor ich einen
Vorgang errege. Das kontinuierliche Wachstum ist doch unbe-
streitbar eine positive Eigenschaft, und die Potenz dazu muß in
der spezifischen Struktur stecken. Es ist im hohen Grade wahr-
scheinlich, daß man auch durch andere Kombinationen der Außen-
welt das gleiche wird erreichen können. Dann werden wir auch
einen Einblick gewinnen, warum unter den gewöhnlichen Bedin-
gungen der freien Natur die Ruhe bzw. das 2. Treiben eintritt.
 
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