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W. V. BUDDENBROCK:
annehmen, daß es irgend eine andere, bisher durchaus unbe-
kannte Funktion besitzt, woraus unerhörte Perspektiven für die
Augen anderer niederer Tiere sich ergäben, oder man müßte be-
haupten, daß es gar keine Funktion hat, was die völlige Negierung
der sonst tausendfach bewiesenen gegenseitigen Abhängigkeit
von Struktur und Funktion bedeuten würde.
Man muß also zugeben, daß die Behauptung YuNGs, wie man
die Sache nun auch auffassen möge, zu sehr fragwürdigen Kon-
sequenzen führt; vorbehaltlos annehmen könnte man sie nur
dann, wenn sie sich auf die strengsten Beweise stützte. Davon
kann jedoch keine Rede sein. YuNGs Experimente sind erstens
nicht erschöpfend, und darum seine Schlußfolgerungen nicht
zwingend; zweitens setzt er seine Versuchsanordnungen zum Teil
gar nicht näher auseinander, wodurch die Versuche selbst ihre
Beweiskraft verlieren.
Eine Nachuntersuchung dieses Gegenstandes schien mir
darum dringend geboten; indessen ist mit dem vorliegenden Auf-
satz keineswegs eine erschöpfende Behandlung des Problems
vom Lichtsinn der Schnecken geplant, hierzu fehlte es mir sowohl
an Zeit als an Material; es sollen nur einige wenige Versuche mit-
geteilt werden, deren Hauptzweck die Zerstörung der YuxGschen
Legende von der Blindheit der Weinbergschnecke ist.
Methodik.
Will man feststellen, ob ein Tier lichtempfindlich ist oder
nicht, so muß man notwendigerweise folgende Untersuchungen
der Reihe nach anstellen. Es ist zu prüfen:
1. ob das Tier sich im Dunkeln irgendwie anders benimmt
als im Hellen,
2. oh es in erkennbarer Weise auf Belichtungswechsel reagiert,
3. ob irgendwelche Anzeichen dafür sprechen, daß das Tier
die Gegenstände seiner näheren Umgebung mit Hilfe seines Auges
erkennt,
4. ob es unterschiedsempfindlich ist, d. h. ob es eine Vorliebe
für dunkle bzw. helle Örtlichkeiten zeigt,
5. endlich, ob seine Bewegungen irgendwie durch die Rich-
tung der Lichtstrahlen bedingt sind.
Erst wenn die Untersuchung in jedem dieser fünf Punkte
mit Sicherheit negativ ausgefallen ist, darf man von einer Un-
empfindlichkeit des Tieres gegen Licht, von seiner Blindheit
W. V. BUDDENBROCK:
annehmen, daß es irgend eine andere, bisher durchaus unbe-
kannte Funktion besitzt, woraus unerhörte Perspektiven für die
Augen anderer niederer Tiere sich ergäben, oder man müßte be-
haupten, daß es gar keine Funktion hat, was die völlige Negierung
der sonst tausendfach bewiesenen gegenseitigen Abhängigkeit
von Struktur und Funktion bedeuten würde.
Man muß also zugeben, daß die Behauptung YuNGs, wie man
die Sache nun auch auffassen möge, zu sehr fragwürdigen Kon-
sequenzen führt; vorbehaltlos annehmen könnte man sie nur
dann, wenn sie sich auf die strengsten Beweise stützte. Davon
kann jedoch keine Rede sein. YuNGs Experimente sind erstens
nicht erschöpfend, und darum seine Schlußfolgerungen nicht
zwingend; zweitens setzt er seine Versuchsanordnungen zum Teil
gar nicht näher auseinander, wodurch die Versuche selbst ihre
Beweiskraft verlieren.
Eine Nachuntersuchung dieses Gegenstandes schien mir
darum dringend geboten; indessen ist mit dem vorliegenden Auf-
satz keineswegs eine erschöpfende Behandlung des Problems
vom Lichtsinn der Schnecken geplant, hierzu fehlte es mir sowohl
an Zeit als an Material; es sollen nur einige wenige Versuche mit-
geteilt werden, deren Hauptzweck die Zerstörung der YuxGschen
Legende von der Blindheit der Weinbergschnecke ist.
Methodik.
Will man feststellen, ob ein Tier lichtempfindlich ist oder
nicht, so muß man notwendigerweise folgende Untersuchungen
der Reihe nach anstellen. Es ist zu prüfen:
1. ob das Tier sich im Dunkeln irgendwie anders benimmt
als im Hellen,
2. oh es in erkennbarer Weise auf Belichtungswechsel reagiert,
3. ob irgendwelche Anzeichen dafür sprechen, daß das Tier
die Gegenstände seiner näheren Umgebung mit Hilfe seines Auges
erkennt,
4. ob es unterschiedsempfindlich ist, d. h. ob es eine Vorliebe
für dunkle bzw. helle Örtlichkeiten zeigt,
5. endlich, ob seine Bewegungen irgendwie durch die Rich-
tung der Lichtstrahlen bedingt sind.
Erst wenn die Untersuchung in jedem dieser fünf Punkte
mit Sicherheit negativ ausgefallen ist, darf man von einer Un-
empfindlichkeit des Tieres gegen Licht, von seiner Blindheit