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Lauterborn, Robert ; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1918, 1. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms, 3 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.38876#0031
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Die geographische und biologische Gliederung des Rheinströms. III. (B.l) 23
deren Lokalform (var. rhenana) stromaufwärts bis zum Neckar
vorgedrungen ist. Südlicher Herkunft sind von Insekten des
Stroms Prosopistoma, punctifrons, das mit dem Mittelrhein die
Nordgrenze seines Vorkommens erreicht; von der Tierwelt der
stehenden Gewässer gehören Alytes obstetricans, Molge palmata
hierher. Von Norden her haben die ursprünglich sarmatischen
Dreissensia polymorpha und Lithoglyphus naticoides den Mittelrhein
besiedelt, weiter Amphipeplea glutinosa und Limnaeus glaber, die
in Teichen und Gräben der Umgebung von Bonn gefunden werden,
sowie Planorbis spirorbis, der auch von Boppard bekannt ist.
Unter den Wanderfischen steigen Trutta trutta und Alosa jinta
jetzt regelmäßiger kaum weiter als bis zum Mittelrhein auf.
Weit mannigfaltigere Gliederung zeigt die Tier- und Pflanzen-
welt des Landes. Ihr am meisten charakteristischer Zug ist die
starke Durchsetzung mit mediterranen Elementen, deren reiche
Entfaltung kaum ahnen läßt, daß die Mehrzahl von ihnen hier
die nördlichste Grenze ihres Vorkommens überhaupt erreicht. Die
Verbreitung dieser südlichen Formen im einzelnen zu verfolgen,
die Wege und die Zeit ihrer Einwanderung festzustellen, bietet
darum gerade hier ein besonders reizvolles Problem.
Während der ganzen Diluvialzeit blieb das Gebiet des Mittel-
rheins mit Ausnahme des Hohen Venn frei von Gletschern. Funde
bei Andernach, Runkel sowie weiterhin in der Eifel haben dargetan,
daß damals eine typisch glaziale Fauna die Höhen bevölkerte:
Moschusochse (Ovibos moschatus), Ren (Rangijer tarandus), Eis-
fuchs (Vulpes lagopus), Schneehase (Lepus timidus L. = variabilis
Pall.), Halsbandlemming (Dicrostonyx torquatus), Schneemaus
(Microtus nivalis), Schneehühner (Lagopus lagopus und L. mutus)
waren die Hauptvertreter, die auf das Vorkommen ausgedehnter
Tundren hindeuten. Aus einem jüngeren Abschnitt des Diluviums
dürften die Schädel des Alpensteinbocks (Capra ibex) stammen,
die zusammen mit Resten des Edelhirsches im Schwemmlöß bei
Bad Ems sowie in einer Schutthalde bei Lorch am. Rhein gefunden
wurden und jetzt das Museum von Mainz zieren1. Auch die Reste
des Alpenmurmeltiers (Marmota marmota) von St. Goar gehören
wohl dieser Zeit an.

1 Ich halte es sehr wohl für möglich, daß der Steinbock, der ursprüng-
lich durchaus kein Tier der Hochalpen war, sich auf den Felsenbergen des
Rheintals bis weit in die Alluvialzeit hinein gehalten hat.
 
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