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Lauterborn, Robert ; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftliche Klasse: Abteilung B, Biologische Wissenschaften (1918, 1. Abhandlung): Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms, 3 — Heidelberg, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.38876#0048
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40 (B.1)

Robert Lauterborn:

Aphelocheirus aestivalis fand ich unter Steinen der Ijssel bei De-
venter.
Sonst bildet den natürlichen Untergrund für die Tier- und
Pflanzenwelt fast überall der feine Sand und Schlick, besonders
im Delta. Leider fehlen gerade hier eingehende Untersuchungen
über die Bodenfauna und -flora fast völlig; was wir bis jetzt darüber
wissen, beruht in der Hauptsache auf gelegentlichen Beobachtun-
gen. Von höheren Pflanzen bilden Potamogeton pectinatus und
P. perfoliatus auch im Niederrhein an einigen Stellen flutende
Bestände, besonders im Bereich der Buhnen. An stilleren Stellen
des Seichtwassers überziehen die Oberfläche des Schlicks aus-
gedehnte Filze von Diatomeen, vorherrschend kleine Naviculeen,
Synedren, Nitzschieen, durchsetzt von Oscillarien, Phormidium,
Merismopedici, Flagellaten usw. Von Schnecken lebt hier beson-
ders Lithoglyphus naticoides, von Muscheln Unio batavus, der
unterhalb Düsseldorf sich stark der Maasform nähert, U. pictorum,
U. tumidus, Pseudanodonta elongata, Anodonta piscinalis, weiter
Sphaerium rivicola, Sph. corneum, Sph. solidum, Pisidium amni-
cum, P. supinum. Dazu kommen noch bestimmte Insekten. Auf
dem Sand kriechen in schildförmigen Köchern die Larven der
Trichoptere Molanna angustata, im Schlick hausen in selbst-
gegrabenen Röhren und Gängen die Larven von Chironomiden,
von Sialis lutaria, weiter diejenigen der Ephemeriden Ephemera
vulgata, Polymitarcys virgo und Palingenia longicauda. Besonders
die letztere erlangt im Delta ungeheure Häufigkeit: in zahlloser
Menge entschlüpfen an lauen Juniabenden diese Eintagsfliegen
den Larven und wirbeln in Schwärmen von Millionen einem
Schneegestöber gleich zu kurzem Hochzeitsfluge über Spiegel
und Ufer der Gewässer dahin1.
Im Bereich der Rheinmündungen treten zur Tierwelt des
süßen Wassers immer mehr auch Formen des Brackwassers,
die meisten in beträchtlicher Individuenzahl. Zu den charak-
teristischsten Mitgliedern derselben gehört von Hvdroidpolvpen
Cordylophora lacustris, die in zierlichen bäumchenförmigen Kolo-
nien Rohrstengel, Holzwerk, Muschelschalen überzieht, weiter der
Girripede Baianus improvisus, dessen kalkweiße Gehäuse oft dicht-
gedrängt, ähnliche Substrate besiedeln; stellenweise kommt noch
1 Diese Schwärme von Palingenia haben bereits im Jahre 1675 Swam-
merdam den Anstoß zu seinen klassischen Untersuchungen über die Eintags-
fliegen gegeben.
 
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