Die geographische und biologische Gliederung des Rheinstroms. III. (B. 1) 79
als gerade hier, wo seit dem Mittelalter der immer kräftiger auf-
blühende Schiffsbau, dann die Pfahlroste, auf denen im sumpfigen
Mündungsland die Städte gegründet wurden, sowie die Deiche
ungeheure Mengen von Harthölzern verschlangen. So haben sich
etwas größere geschlossene Laubwälder entlang des Rheins nur
noch an ganz wenigen Orten wie bei Cleve, Arnheim, weiter bei
Haag, Haarlem erhalten, hier meist zu parkartigen Gehölzen um-
gestaltet, die von ihrem ursprünglichen Charakter nicht mehr viel
bewahrt haben. Die Heidegebiete zeigen neben den Resten der
alten Kiefernwälder zahlreiche neue Aufforstungen; trotzdem be-
trägt der ganze Waldbestand in Holland nur etwa 7% der Ge-
samtfläche des Landes.
Mit der Lichtung der Wälder schwanden auch deren Charakter-
tiere dahin. Der Elch ist noch im Jahre 1025 als Jagdwild für die
Gegend zwischen Dollart und Zuidersee urkundlich bezeugt1;
Ure (Bos primigenius) werden als „wilde Ossen“ selbst noch 1344
aus den Wäldern bei Haarlem erwähnt. Der Rär verschwand im
Mittelalter, der Wolf hielt sich durch Überläufer aus den Arden-
nen bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts. Hirsch und Reh
fehlen den Marschländern des Deltas als Standwild völlig, finden
sich aber noch vereinzelt in den Heidestrecken.
Auch die Tierwelt des Wassers erfuhr seit dem Mittelalter
einen immer stärkeren Rückgang, als man im 15. und 16. Jahr-
hundert begann, die großen Meere und Rohrsümpfe des Deltas,
einst der Tummelplatz unzähligen Wassergeflügels, einzudeichen
und trocken zu legen. Dazu kam noch die nachhaltige Ausbeutung
der Torfmoore, besonders in Holland, in dessen waldarmen Ge-
bieten der Torf Jahrhunderte lang der vorherrschende Brennstoff
blieb. Am längsten haben die Heiden ihren ursprünglichen Cha-
rakter bewahrt, aber auch sie sind jetzt ernstlich bedroht, seitdem
in Holland eine eigene große Gesellschaft sich zum Ziele setzt,
diese „unproduktiven Böden“ mit allen Mitteln nutzbar zu machen.
So greift der Mensch auch im Mündungsgebiet des Rheins
immer tiefer in das Bild der Landschaft und den Bestand der Tier-
uncl Pflanzenwelt ein. Er ließ die weiten Wiesenflächen sich aus-
1 In diesen Urkunden heißt es ausdrücklich: Bestiae, quae Teutonica
lingua Elo vcl Schelo appellantur. Daraus geht hervor, daß der viel um-
strittene Scheich des Nibelungenliedes nichts anderes war als ein vielleicht
besonders starker Elch.
als gerade hier, wo seit dem Mittelalter der immer kräftiger auf-
blühende Schiffsbau, dann die Pfahlroste, auf denen im sumpfigen
Mündungsland die Städte gegründet wurden, sowie die Deiche
ungeheure Mengen von Harthölzern verschlangen. So haben sich
etwas größere geschlossene Laubwälder entlang des Rheins nur
noch an ganz wenigen Orten wie bei Cleve, Arnheim, weiter bei
Haag, Haarlem erhalten, hier meist zu parkartigen Gehölzen um-
gestaltet, die von ihrem ursprünglichen Charakter nicht mehr viel
bewahrt haben. Die Heidegebiete zeigen neben den Resten der
alten Kiefernwälder zahlreiche neue Aufforstungen; trotzdem be-
trägt der ganze Waldbestand in Holland nur etwa 7% der Ge-
samtfläche des Landes.
Mit der Lichtung der Wälder schwanden auch deren Charakter-
tiere dahin. Der Elch ist noch im Jahre 1025 als Jagdwild für die
Gegend zwischen Dollart und Zuidersee urkundlich bezeugt1;
Ure (Bos primigenius) werden als „wilde Ossen“ selbst noch 1344
aus den Wäldern bei Haarlem erwähnt. Der Rär verschwand im
Mittelalter, der Wolf hielt sich durch Überläufer aus den Arden-
nen bis in den Beginn des 19. Jahrhunderts. Hirsch und Reh
fehlen den Marschländern des Deltas als Standwild völlig, finden
sich aber noch vereinzelt in den Heidestrecken.
Auch die Tierwelt des Wassers erfuhr seit dem Mittelalter
einen immer stärkeren Rückgang, als man im 15. und 16. Jahr-
hundert begann, die großen Meere und Rohrsümpfe des Deltas,
einst der Tummelplatz unzähligen Wassergeflügels, einzudeichen
und trocken zu legen. Dazu kam noch die nachhaltige Ausbeutung
der Torfmoore, besonders in Holland, in dessen waldarmen Ge-
bieten der Torf Jahrhunderte lang der vorherrschende Brennstoff
blieb. Am längsten haben die Heiden ihren ursprünglichen Cha-
rakter bewahrt, aber auch sie sind jetzt ernstlich bedroht, seitdem
in Holland eine eigene große Gesellschaft sich zum Ziele setzt,
diese „unproduktiven Böden“ mit allen Mitteln nutzbar zu machen.
So greift der Mensch auch im Mündungsgebiet des Rheins
immer tiefer in das Bild der Landschaft und den Bestand der Tier-
uncl Pflanzenwelt ein. Er ließ die weiten Wiesenflächen sich aus-
1 In diesen Urkunden heißt es ausdrücklich: Bestiae, quae Teutonica
lingua Elo vcl Schelo appellantur. Daraus geht hervor, daß der viel um-
strittene Scheich des Nibelungenliedes nichts anderes war als ein vielleicht
besonders starker Elch.