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Bartholomae, Christian; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1910, 5. Abhandlung): Der Dat.-Sing.-Ausgang der o-Deklination im Lateinischen — Heidelberg, 1910

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https://doi.org/10.11588/diglit.32151#0006
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Chr. Bartholomae:

auf die gleiche Stufe stellen, dessen Ausgang -oes sich mit dem in
aosk. Ugatüis, pael. puclois (usw.) vorliegenden Ausgang deckt und
sicher, trotzdem er nicht haupttonig war, das aus ursprachlichem
öi verkürzte oi ohne oder doch oline irgencl wesentliche Ver-
5 änderung fortführt. Das oi (oe) dieser Instr. Plur. niacht in cler
Folge die für die tieftonigen Kurzdiphthonge normale Entwicklung
zum einfachen Langvokal durch, cl. h. -ois wird über -eis und -e 2s
zu -ls: hortis. Desgieichen wandelt sich auch das dem -öis -ois
nachgebilclete -cäs -cäs (s. aosk. diumpais) der femininen ä-Dekli-
10 nation über -eis und -e 2s zu -ts: terris. Aber das -ai des Dat.
Sing. bleibt unversehrt und ist auch dann nocli cliphthongisch, als
clas ai des Instr.-Plur.-Ausgangs -ais längst zu % geworden war.
Also kann clas -ai des Dat. Sing. zu cler Zeit, da die Veränderung
tieftoniger Kurzdiphthonge einsetzte, clem ai cles Instr. Plur. quanti-
15 tativ nicht gleichgestanden haben: es kann clamals kein Kurz-
cliphthong, es muß noch ein Langcliphthong gewesen sein. Uncl
eben das gilt auch von den übrigen trotz Tieftonigkeit cliphthongisch
gebliebenen ai, insbesondere dem cles Nom. Plur. cler ä-Deklination:
terrai, terrae. Ich stelle mich hiebei durchaus auf den von
20 Solmsen, IF. d. 242, vertretenen Standpunkt und freue mich, daß
Brugmann clen im Grundriß 2 1. 228 dagegen erhobenen Widerspruch
zurückgezogen hat; s. Kurze vgl. Gramm. 390, Grundriß 2 2b. 214.

7. In welcher Stellung aber hat sich wortschließendes -äi lautge-
setzlich als Langcliphthong erhalten? Sicher nicht im Satzinlaut vor

25 Konsonanz — hier hätte -ai entstehen müssen, das späterhin zu -i ge-
worden wäre —, aber auch nicht vor Sonanz — das zwischen
sonantischen Vokalen stehende i(i) wäre cloch wolil geschwunden
(vgl. vonPlanta, Osk.-Umbr. Dial. 2. 163 unten) —: also bleibt
nur der Satzauslaut, clie Pausastellung. Die -ai -ae des Dat.
30 Sing. der ä-Deklination beruhen somit auf Verallgemeinerung der
Satzauslautsform des Kasus.

8. Was nun über die Gestaltung des wortschließenden -ai er-
mittelt ist, clas darf, wenn nicht mit voller Bestimmtheit, so doch
mit lioher Wahrscheinlichkeit auch für die Gestaltung des wort-

35 schließenden -oi angenommen werclen. Es ist somit ganz unwahr-
scheinlich, daß sich aus -oi im Satzauslaut sollte -ö ergeben haben;
vielmehr ist anzunehmen, claß -öi iiu Satzauslaut gerade wie
-äi unversehrt erhalten blieb. Und dieses -oi wird eben in jenen
altlateinischen Dativen duenoi, popidoi romanoi enthalten sein, ob-
 
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