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Bezold, Carl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 2. Abhandlung): Astronomie, Himmelsschau und Astrallehre bei den Babyloniern — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32164#0022
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22

C. Bezold:

Dagegen wandten sie ihr Augenmerk der Grösse, Form
und Bewegung von Meteorerscheinungen und vermutlich auch
den periodischen Sternschnuppenfällen zu 87). Sie beobachteten
den Zug und die Farben der Wolken, die Gewitter, Winde,
Orkane und Zyklone, Schnee und Hagel, Regenbogenbildungen(P)
und Erdbeben 88).

Dass alle diese Untersuchungen astrologischen Zwecken
dienten, geht aus den Texten aufs deutlichste hervor. Indessen
liegt die rein astrologische Seite der Inschriften ausserhalb des
Rahmens unseres heutigen Ideenganges. Nicht die Anwendung
der Beobachtungsresultate, sondern das AVissen der Babylonier
vom sonnenhellen, mondbeleuchteten und sternbesäten Himmel
soll hier verfolgt werden, und ich glaube, wir haben nicht nur
die Möglichkeit, sond.ern auch das Recht, dieses Wissen von
jener Anwendung und damit von allen mythologischen und
religiösen Motiven reinlich zu scheiden 89).

Wie bei der im Ganzen gradlinig verlaufenden politischen
Geschichte Babyloniens-und Assyriens zu erwarten war, wie vor
allem Vergleiche mit Parallelerscheinungen aus dem Gesamt-
gebiet der westasiatischen Kultur — mit einziger Ausnahme
vielleicht der Kunst — nahelegten, liess uns also auch auf dem
Gebiet der babylonischen Himmelsschau ein Zusammenhalt der
keilinschriftlichen Quellen aus der Mitte des 7. vorchristl. Jahr-
hunderts mit denen der Spätzeit den Fortschritt vom Einfachen
zum Zusammengesetzten, von der Beobachtung zur Berechnung,
von der — rein astrologischen Zwecken dienenden — Pseudo-
wissenschaft zur astronomischen Wissenschaft erkennen. Mit
anderen Worten: die Verfasser der Frühtexte in der Bibliothek
Assurbanipal’s arbeiteten noch mit äusserst primitiven Mitteln
von Maass und Zahl, sie entbehrten aller Schaltperioden, sie
ermangelten der arithmetischen Basis für astronomische Berech-
nungen und sie verquickten eine Menge von Naturbeobachtungen
mit solchen, die allein den nachmaligen Astronomen nutzbar
werden konnten.

Schreiten wir nun vom 7. und 8. Jahrhundert noch weiter
zurück, ins hohe und höchste babylonische und sumerische
Altertum, so finden wir dort — wie wiederum vorauszusehen
war — eine weitere Abnahme dieser Kenntnisse. In dem be-
rühmten Gesetzbuch Chammurabi’s (ca. 2000 v. Chr.), das auf
alle möglichen Verhältnisse der damaligen Zeit Bezug nimmt,
 
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