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Schubert, Hans von; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1911, 3. Abhandlung): Die Anfänge des Christentums bei den Burgundern — Heidelberg, 1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.32165#0030
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30

Hans von Schubert:

sich nach einem neuen Geschiecht umsehen. Die berühmten Worte
Gundobads über seine Vorgänger in Tit. III cler Lex Burgunclionum,
die uns die historische Echtheit der uns aus dem Nibelungenlied
vertrauten Namen des alten Wormser Königsgeschlechts bezeugt,
deuten, wieWAirz gezeigt hat, gieichfalls darauf, dah mit seinem Vater
und Onkel ein neues Geschlecht an clie Spitze des Volkes getreten
ist.34) Unsere Nachrichten sind so lückenhaft uncl dürftig, clab wir
nicht behaupten dürfen, die Westgoten hätten in dem ersten großen
Burgunderdrama, der „Nibelungen Not“, neben Römern uncl Hunnen
keine Rolle gespielt. Jedenfalls standen auch sie 436/7 gegen beicle
im Felcle und berannten Narbonne. Überschlägt man die ungemeine,
fast beherrschende Steliung, die Theoderich I. (eig. Theoderid) gerade
in jenen Jahren in ganz Gallien eingenommen hat, so wird man es
natürlich fmden, dah ihm das Schicksal des stammverwandten
Volkes35) nicht gleichgültig war und dab sich die Augen cler Burgnn-
der in ihrer Not ihm zugewendet haben.36) Warum sollte sich das
34) Ecl. Salis, p. 43: regiae memoriae auctores nostros i. e. Gibicam, Gundo-
marem. Gislaharium, Gundaharium, patrem quoque nostrum et patruum. Vgl. Waitz,
a. a. 0. I, 8f., auch L. Schmidt, Gesch. d. deutsch. Stämme, S. 409.
35) Für die Stammesverwandtschaft hat s'chon J. Grimm die interessante Stelle
lex Burg. const. extrav. ed. Salis, p. 120?ff., angezogen: quicunque ingenuus de
Gotia captivus a Francis in regione nostra venerit et ibidem habitare voluerit, ei
licentia non negetur, vgl. Köcjel, Z. f. d. Alt. XXXVIt, 223.
36) Ist am Ende in der Nibelungensage wie in Attila Aetius mit seinen
Hunnen so in Dietrich v. Bern Theoderid der Westgote verborgen? Wenn
A. Heusler in seinem schönen Aufsatz (Situngsber. d. Berl. Akad. 1909, S. 922)
einen Kanon üher „Geschichtiiches und Mythisches in der germ. Heldensage“ auf-
zustellen sucht, wenn Boethe, ebend. S. 649 ff., den glänzenden Nachweis führt,
daß für die zweite Hälfte des Nibelungenliedes ein lateinisches Epos cles Meisters
Konrad aus dem 10. Jahrhundert die Grundlage gebildet hat, wenn endlich Droege
in d. Z. f. d. A. 1910, S. 193 ff., diesen Nachweis dahin ergänzt, daß zumal in der
ersten Hälfte die Arbeit eines „Wormser Dichters aus der Zeit und Umgebung
Burchards“, des gelehrten Bischofs, um 1000 zu erkennen ist, der nachweislich auch
die burgundiscben Rechtsquellen kannte (daher Giselher aus der lex Burgund. ein-
gedrungen?), so erledigt alles das nicht die Frage nach der ursprünglichen Formung
des Stoffes, die in die Wanderzeit mit ihren grofäen Erschütterungen zurückreichen
muß, nur in balladenhaften Heldenliedern zu denken ist und der zeitlichen Nähe
entsprechend des Geschichtlichen weit mehr enthalten haben wird. In der ge-
schichtlichen Wirklichkeit war Theodemer der Ostgote am Hofe Attilas, im Hilde-
brandslied ist es Theoderich der Ostgote geworden, der zu den Hunnen flieht,
aber es ist noch Odoaker, vor dem er flüchtig ist, in der späteren Sage ist daraus
in völlig souveräner Behandlung der Geschichte der eigene Ahnherr Ermanarich
geworden. Warum sollte nicht die Sage von der Burgunder Gliick und Ende auf
dem Wege von dem ursprünglichen Sang etwa eines Westgoten bis zur Form
 
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