Rezensionen über schöne Literatur von Schelling und Caroline. 31
vorhanden ist, auch das nicht originelle, nicht ganz entschiedene Talent sich
Liebe erwirbt. Wir halten dafür, daß sich das Büchlein eben wegen der Nach-
sicht, die es bedarf und die es verdient, Eros genannt habe ; es könnte zum
Tlieil auch Eris heißen, wegen des satyrischen Drama’s von heutc, welches
wirklich dem übrigen, aus lyrischen Gedichten, einem ldeinen Liebes- und
Bildungsroman bestehenden Theil selber den Streit anbietet. Auch für eine
Laune unseres Eros können wir jenes gelten lassen, der überhaupt noch nicht
imrner genau weiß, was er vvili. Besonders zeigt er sich in dem Roman sehr
schwankend ; mitunter spricht, charakterisirt, portraitisirt er sinnvoll und
gescheut, in der Hauptsache herrscht aber eine gewisse Unverständigkeit, die
davor nicht verständig werden will, daß sie zu wissen scheint, sie ist un-
verständig. Allenthalben thut sich nun manches Nachgeahmte, Nachgesungene
hervor, aber ohne Affectation, tändelnd und fröhlich ; und um einen Maßstab
zu geben, wie weit das Eigene bey ilim geht, indem er sich das Eremdc an-
eignet, setzen wir gern folgendes Gedicht her :
Unser Amor.
Nicht nach den uralten, uralten Geschlechtern,
Jener brausenden
Innig umstrickenden,
Ränke bedürfenden
Götter,
Fragt euch und sehnt euch,
Laßt immer sie hausen,
Buhlen und schmaußen,
Sind doch ja nur Gäste
Bey Jupiters Feste,
Hungernde, durstende,
Durstende, hungernde.
Einen nur haltet,
Der schaffet und waltet,
Locket und necket
Beseligt und schrecket,
Im Wolken- im Erdkreis,
Im Erden- im Wolkenkreis.
Alle verführt er,
Alle erspürt er
Die heimlich den Funken
Im Herzen versunken,
Klagen und tragen,
Tragen und klagen.
Und gilt auch sein Stimmchen
Im Rathe der Götter
Auch wenig, auch nichts ;
So plaudert sein Stimmchen
Trotz Rathen der Götter,
Doch Allen voran.
vorhanden ist, auch das nicht originelle, nicht ganz entschiedene Talent sich
Liebe erwirbt. Wir halten dafür, daß sich das Büchlein eben wegen der Nach-
sicht, die es bedarf und die es verdient, Eros genannt habe ; es könnte zum
Tlieil auch Eris heißen, wegen des satyrischen Drama’s von heutc, welches
wirklich dem übrigen, aus lyrischen Gedichten, einem ldeinen Liebes- und
Bildungsroman bestehenden Theil selber den Streit anbietet. Auch für eine
Laune unseres Eros können wir jenes gelten lassen, der überhaupt noch nicht
imrner genau weiß, was er vvili. Besonders zeigt er sich in dem Roman sehr
schwankend ; mitunter spricht, charakterisirt, portraitisirt er sinnvoll und
gescheut, in der Hauptsache herrscht aber eine gewisse Unverständigkeit, die
davor nicht verständig werden will, daß sie zu wissen scheint, sie ist un-
verständig. Allenthalben thut sich nun manches Nachgeahmte, Nachgesungene
hervor, aber ohne Affectation, tändelnd und fröhlich ; und um einen Maßstab
zu geben, wie weit das Eigene bey ilim geht, indem er sich das Eremdc an-
eignet, setzen wir gern folgendes Gedicht her :
Unser Amor.
Nicht nach den uralten, uralten Geschlechtern,
Jener brausenden
Innig umstrickenden,
Ränke bedürfenden
Götter,
Fragt euch und sehnt euch,
Laßt immer sie hausen,
Buhlen und schmaußen,
Sind doch ja nur Gäste
Bey Jupiters Feste,
Hungernde, durstende,
Durstende, hungernde.
Einen nur haltet,
Der schaffet und waltet,
Locket und necket
Beseligt und schrecket,
Im Wolken- im Erdkreis,
Im Erden- im Wolkenkreis.
Alle verführt er,
Alle erspürt er
Die heimlich den Funken
Im Herzen versunken,
Klagen und tragen,
Tragen und klagen.
Und gilt auch sein Stimmchen
Im Rathe der Götter
Auch wenig, auch nichts ;
So plaudert sein Stimmchen
Trotz Rathen der Götter,
Doch Allen voran.