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Cartellieri, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 11. Abhandlung): Beiträge zur Geschichte der Herzöge von Burgund [1/2] — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32886#0015
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Beiträge zur Geschiehte der Herzöge von Burgund.

15

Ehe zwischen dem Dauphin Ludwig, Herzog der Guyenne, uncl seiner
Tochter Margarete mui endlich vollzogen werden.30 Johann ist
aher dann aucli Herr in Frankreich und kann, getragen von der
Gunst der Pariser, die längst verheißene Reform durchführen und
die schweren Leiden des Volkes heilen.
Allerdings ist aucli damit zu rechnen, daß der König nichts
von Johanns Kommen w-issen will. Ist dies der Lall, so muß der
Herzog mit Rücksicht auf den Zustand des Königs, die Leindselig-
keiten seiner Gegner und den Umstand, daß er nichts verbrochen
hat, trotzdem vor den König treten, gegen seine ungerechte Be-
handlung sich venvahren und dem Gebieter seine gehorsamen
Dienste zur Verfügung stellen.
Unvermittelt bricht leider das wertvolle Gutachten ab, das uns
vielleicht noch weiter den Gang der Ereignisse trefflich beleuchtet
liätte. Wir kennen aus den Urkunden und Ghroniken nur das
Endergebnis: clie Abmachung von Tours und den Frieden von
Ghartres. Die Einigung wurde wesentlich erleichtert durch den
plötzlichen Tod von Ludwigs Witwe, Valentine Visconti, die am
4. Dezember den alizu großen Anstrengungen der letzten Zeit erlag.
Die Ratgeber, die jetzt clem vierzehnjährigen Karl von Orleans und
seinen Geschwistern zur Seite traten, waren schwächer uncl nach-
giebiger. Wiihelm von Bayern brachte clie streitenden Parteien
endlich zu einem Einverständnis.31 Auf Gruncl der Abmachungen
erschien dann Johann unter seinem. Schutze32 am 9. März 1409 in
Ghartres und begab sich in die Kathedrale. In dem Hauptschiff,
unter clem Bilcle unserer lieben Frau, hatte auf einer Bülme der
König mit seiner Familie, den Prinzen und Prälaten, Baronen,
Rittern und Beamten Platz genonnnen. Hier ließ Johann eine Er-
klärung verlesen. Offen bekannte er sich zn seiner Tat, zuin Besten
cles Königs und des Reiches hatte er sie vollbringen lassen. „Er
erfuhr aber, daß Ihr darob großes Mißfallen empfmdet, worüber er

30 Noch Herzog Philipp der Kühne hatte es im Jahre 1403 Ludwig von
Orleans zum Trotz durchgesetzt, daß der Dauphin, dessen Bruder Johann und die
Prinzessin Michaela mit zwei seiner Enkelinnen und seinem ältesten Enkel ver-
lobt wurden. Am 31. Aug. 1404 fand die Eheschließung des Dauphin mit Mar-
garethe von Burgund statt, die nunmehr am französischen Hofe lebte, aber erst
im Juli 1409 „fut ie mariage consomme“; Cartellieri I 103; Jarry, Louis 315
Religieux III 76, 212; Monstrelet 1400; Jouvenel 200.
31 Der Vertrag von Tours bei dem Religieux IV 192 ff.
32 Fiir die Sicherheitsmaßregeln, welche Graf' Wilhelm traf, vgl. die kgh
Urkunde vo.m 21.Januar 1409, Gartulaire Hainaut III 359. nr. 966.
 
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