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Stoeckius, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 2. Abhandlung): Die Reiseordnung der Gesellschaft Jesu im XVI. Jahrhundert — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32877#0038
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38

Hermann Stoeckius:

entsprach.199) Konnte hingegen der Rektor die Sendlinge auf-
nehmen, so fragte er sofort jeden nach seiner ratio missionis.200)
Wenn er sie auch bereits kannte201), so hatte seine Frage, wie
uns dünkt; doch ihren guten Grund. Denn einmal war die ratio
missionis wirklich der Leitstern auf ihrer Wanderung gewesen
und hatte alle ihre Gedanken ausgefüllt, mußte da nicht der neue
Obere durch seine lehhafte Teilnahme an ihrer Gedankenwelt
sofort ihr Vertrauen gewinnen? Sodann aber schloß jene Frage
zugleich eine Prüfung ihrer Mission ein. Weiter wurde empfohlen,
mit ihnen über Neuigkeiten aus dem Gedankenkreise ihres Ordens
zu plaudern 202), damit sie sich in dem neuen Hause bald heimisch
fühlen sollten. Jenen Erkundigungen reihte sich die Frage nach
der Beobachtung ihrer specialis instructio203) an (mit den Worten
des Visitators P. Nadal): An quieto animo veniant et sint.204)
Mit dieser Kardinalfrage griff der Obere in das Zentrum ihres
inneren Lebens. Ihre hohe Bedeutung für das Ordensleben läßt
sicli schon aus der Art ihrer Behandlung schließen. Denn der
Obere legte sie dem einzelnen erst in Gegenwart der übrigen
Reisegenossen und dann noch ihm allein vor.205) Freilich in
den Augen der Ohern brachte selhst dies noch keine einwand-
freie Sicherheit. Aber es gah noch ein bewährtes Mittel, dem
fehlenden Bruder zur rechten Zeit zu helfen, das volle Klarheit
bringen mußte: die Beichte.206) Denn war ihm unterwegs wirk-
lich ein schlimmes Argernis begegnet, so konnte der Rektor
für dessen Heilung sorgen, ohne dahei das Beichtgcheimnis irgend-
wie zu verletzen.207) Bei Gästen handelte es sich übrigens in
solchen Fällen nur um die erste Beichte; blieben die Mitglieder
dauernd im Kolleg, so wurde ihnen die Generalbeichte abge-
nommen.208)
Der Umgang derer, die im Ivolleg blieben, mit den eigent-
lichen Insassen gestaltete sich nun folgendermaßen209): Weder
war es dem Pförtner persönlich erlaubt, sich mit ihnen zu unter-
halten, noch durfte er ein Gespräch mit andern zulassen. Die
einzige Persönlichkeit, die mit ihnen sprach, war zunäehst eben
der Rektor des Kollegs s. J. Er gah ihnen auch' eine An-
i03) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 547. - 200) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 546. —
2,J1) cf. supra p. 23. — 202) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 546. -— 203) cf. supra p. 22;
Epp. Nad. IV, n. 61, p. 42 3. — 204) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 54 6. — 205) Epp.
Nad. IV, n. 61, p. 42 3. — 206) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 505; 423. — 207) Epp.
Nad. IV, n. 61, p. 505. — 208) Epp. Nad. IV, n. 61, p. 423, 505. — 209) Epp.
Nad. IV, n. 61, p. 546 f.
 
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