Metadaten

Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0012
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
12

E. T. Bekker:

Floh mehr als Unsereins. Uncl in dies körperlich so kümmerliche
Wesen sollten geistige Energien gehunden sein von unbegrenzter
Stärke? Für diese wiirde die Natur wohl andere Gefäße sich
zu schaffen gewußt haben. Wir dürfen ruhig an das „ignorahimus“
glauben, und sollten uns nur vor der Geschmacklosigkeit hüten,
an eine zweifellos verfrühte Aufzählung der einzelnen „ignoranda“
zu gehen.
Und alles inneren Haltes ermangelt unser bescheidenes
Wissen doch auch nicht. Uns fehlt, wie schon bemerkt, das all-
gemeine Kennzeichen der Wahrheit, der Maximalgrenze unserer
eigenen Arbeit, nach deren Überschreitung wir allemal mit Sicher-
heit auf ein unerschütterliches Stück Wissens rechnen könnten.
Dagegen fehlt uns keineswegs die entsprechende Minimalgrenze,
vor deren Erreichung durchgängig kein Wissen zu haben ist.
Abgesehen vielleicht von mathematischen Prohlemen fordert jede
wissenschaftliche Kenntnisnahme zweierlei: zuverlässige Wahr-
nehmung und geistige Ausnutzung des 'Wahrgenommenen nach
den Regeln der menschlichen Denkgesetze. Gewöhnlich werden
Verstöße wider die Logik leichter zu erkennen und darum auch
leichter zu vermeiden sein. Anders die Wahrnehmungen: diese
müssen, um als Basis unseres Wissens in Betracht zu kommen,
zuverlässige sein, d. h. kontrollierbar, von Berufenen kontrolliert
und richtig befunden. Also ausgeschieden für alle Zeit, was
überhaupt nicht zu kontrollieren wäre, und wenigstens fiir die
Gegenwart, was noch nicht genügend kontrolliert worden, oder
bei dem die Kontrolle Zweifel an der Richtigkeit hätte hestehen
lassen.

III.
Den beiden Axiomen „Ich bin“ und „Ich weiß“ möchte ich
als drittes beigesellen „Ich will“, wohei „Wollen“ in dem tradi-
tionellen, jedem Gebildeten geläufigen Sinne zu verstehen und
folglich dem Determinismus Krieg zu erklären wäre. Dies
Wollen umschließt die Möglichkeit einer Wahl, und bei dieser
den Entscheid, erhaben über die von der Umwelt und aus dem
eigenen Vorleben ausgehenden Einflüsse, aus sich selber zu
schöpfen. Damit ist der Zwang des Kausalnexus negiert, und
dem „Willen“ die Kraft zugesprochen, nicht hloß überkommene
Bewegungen, vielleicht in anderer Form, fortzutragen, sondern
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften