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Bekker, Ernst Immanuel; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1912, 8. Abhandlung): Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen — Heidelberg, 1912

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https://doi.org/10.11588/diglit.32883#0031
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Das Recht als Menschenwerk und seine Grundlagen.

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pflanzt worden, darüber mag doch kein Zweifel bleiben, daß wir
berufen sind, die an die Erde gebundenen Naturkräfte uns
dienstbar zu machen und in ihrer Ausnutzung unser geistiges
Ivönnen zu bewähren. Dementsprechend hat der höchste aller
menschlichen Verbände, wenn nicht die erste, doch eine der
ersten unter seinen Aufgahen darin zu sehen, daß die aus der
Beherrschung der Natur den einzelnen zuwachsenden Güter
nicht der Gemeinheit zum Schaden gedeihen; er erreicht dies
durch strenge Aufrechterhaltung einer Ordnung, so des Besitz-
standes wie des Austausches der genannten Güter. Dies ist der
Grundstock des Privatrechts; wie die Beziehungen zwischen
dem Staate und seinen Bürgern, welche zum Aufhau und zur
Erhaltung des Staates erforderlich sind, den Inhalt des öffent-
lichen Bechtes bilden. Der Versuch, das Recht in eine Reihe
von Befehlen, sei es an die Gesamtheit oder an die einzelnen,
aufzulösen, macht das Nebensächliche zur Hauptsache und führt
zu keinem anschaulichen Bilde, da es nur die allerletzten Konse-
quenzen zeigt, nicht aber den Boden und die Gewächse, aus
welchen diese hervorgehen.
Dagegen ist eines anderen Einwurfes eingehender zu ge-
denken, da er unseren eigenen Anschauungen entnommen
scheinen könnte. AVie die Sprache, ließen wir auch das Recht
aus dem Gebaren der Familie hervorgehen, und sahen also in
der Familie den ältesten Verband. Aber gab es in der Familie
zur Zeit, da diese noch als erste und einzige Spezies der Ver-
bände dastand, auch schon die Güter, die Stücke beherrschter
Naturkraft, auf die wir soeben gesehen? Nahrungsmittel gewiß,
zu denen allmählich dann auch Waffen und Kleidung kamen.
Dabei aber darf nicht übersehen werden, daß wir in der Familie
doch auch nur die ersten Anfänge so der Verbandsbildungen
wie des Rechts zu suchen haben.
Zum Verbande gehört eine Mehrheit von Menschen, zu-
sammengehalten durch eine geistige Realität, die einmal das
Gefühl der Zusammengehörigkeit unter den einzelnen, dann
aber auch bei allen dahin drängt, ihre Gesamtheit als etwas
Reales, den einzelnen Übergeordnetes zu betrachten. Daß bei
größeren Verbänden unter den einzelnen auch räudige Schafe
zu fmden sein könnten, welche jene Gefühle nicht teilen, nichts
nach der Gemeinschaft fragen und stets hereit sind, der Ge-
samtheit zu opponieren, ändert an dem Wesen der Verbände
 
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