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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]; Aly, Wolfgang [Oth.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1914, 2. Abhandlung): Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung: 1. Literarische Stücke — Heidelberg, 1914

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https://doi.org/10.11588/diglit.33295#0036
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36 Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung I.

Personen geredet, wie das Spatium I 4 zeigt. In diesen ersten Worten
war von Olympias die Rede, sodaß man annehmen darf, daß mit dem
yuvcaov in der oberen Hälfte der zweiten Kolumne niemand anders ge-
meint ist als sie. Aucli der Name Philipps fällt, vielleic-ht wieder Ar-
rhidaios. Daß er als Anwesender (s. o.) mit Namen genannt wird, ist
weiter nicht verwunderlich, wenn etwa Kassander zu Antipater
spricht. Antipater hat die Herrschaft eben übernonnnen; das weist in
die Zeit der Zusammenkunft in Triparadeisos 321 (Diod. 18,39), wo
wir allerdings Olympias’ Anwesenheit nicht erwarten. Wir wissen
freilich nicht, wo sie sich damals aufgehalten hat, als sie durch
die Wahl Antipaters ihre Macht einbüßte. Sollte sie doch versucht
haben, ihre Persönlichkeit dort zur Geltung zu bringen? Oder
spielt das Gespräch kurz darauf in Makedonien, ehe Olympias
nacli Epirus floh ? Es kommt alles darauf an, wann dies ge-
schehen ist.

Von was sie sprechen, reizt die Neugier im höchsten Grade.
ysvvaco wird fast ausschließlich vom Vater gebraucht. Wir kennen
aus Plutarch die Mythen 1, clie sich um' die Geburt Alexanders
gruppierten. Seit er ein Gott sein wollte, d. h. nach dem
Zuge zum Zeus Ammon, galt er nicht mehr als ein Sohn
Phihpps, sondern als Sohn jenes 'Gottes, eine Behaup-
tung, die nacli Plutarchs Angabe Olympias anfangs energisch
bestritten hat. Hier nun ist sie so dargestellt, als sei sie durcli den
Tod ihres angeblich göttlichen, d. h. unsterblichen Solines kom-
promittiert, ein Gedanke, der ganz ähnlich in Lukians 2 Toten-
gesprächen behandelt wird. Dort empfängt Philipp seinen Sohn
in der Unterwelt mit den ironischen Worten: Du bist nun also
doch gestorben, also warst du doch mein Sohn, wenn du es
auch nicht Wort haben wolltest. Daß Olympias den Gedanken
der göttlichen Herkunft ihres Sohnes, nachdem er einmal offizielle
Fassung geworden war, politisch zur Befriedigung ihrer Herrsch-
sucht ausgenutzt hat, kommt mir trotz dem gegenstehenden
Zeugnis des Plutarch nicht unwahrscheinlich vor. Jetzt muß sie
davon zurückkommen, daher: Du hast wohl getan, auf sie zu
warten: (denn dieser Kreis erkennt diu Göttlichkeit des verstorbenen
Königs nicht an), sie kann sie augenblicklich nicht verteidigen;
und darum heißt sie gleich darauf ironiscli die Mutter Gottes.

1 Plut. Alex. zu Anf.

2 No. 14, I 162 Jacobitz.
 
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