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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 10. Abhandlung): Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung (2): Juristische Texte der römischen Zeit — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34081#0055
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Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung. II.

Der defensor civitatis.
Zur Frühgeschicbte des Defensorenamtes.
Daß der defensor civitatis nicht erst im Jahre 364 eingeführt
ist, wußten wir schon. MiTTEis^ hatte auf Cod.6, 1, 5 vom Jahre
319 hingewiesen, wo allerdings der defensor civitatis Interessen
der Gemeinde an entlaufenen Sklaven wahrnimmt, sodaß man hier
ieicht vermuten konnte, daß ein städtischer curator gemeint war
und nur durch Interpolation den Namen defensor erhalten hatte.
Während wir aber noch eben im Ungewissen über die älteste Ge-
schichte des Defensorenamtes waren, wirft jetzt die Freiburger
Urkunde auf die Anfänge des Amtes ein neues Licht. Der Beamte
heißt hier gar nicht Ekdikos, sondern Syndikos ,,AnwaIt der Stadt
Oxyrhynchos". Für Syndikos im Sprachgebrauche der Zeit genügt
ein Hinweis auf Libanios Or. LXIII ^üyrgp 'ΟΖυ/ττΗου, ed. FoERSTER
c. 6 Sieb. 77) oder auf den Libanios-Brief n. 878 (ed. W01.F). Die
neue Urkunde zeigt, daß die Terminologie für den defensor civi-
tatis im Jahre 336 in Oxyrhynchos noch keine feste war. Und
der alte Gedanke^, daß der defensor civitatis doch aus dem alten
Stadtanwalte entwickelt wurde, bekommt durcb diese Tatsache
eine quellenmäßige Grundlage, —ja vieilejcht kann unsere Urkunde
eben abnen lassen, welche Brücke von dem alten Stadtanwalte zu
dem neuen Polizeibeamten führt, dem Verteidiger der plebs in der
Lokalverwaltung des 4. und 5. Jahrhunderts.
Die Funktion des defensor cWitatis entspricht völlig den
späteren Iionstitutionen. Er ist Beamter der civitas Oxyrhynchos,
wie seit der diokletianischen Reform der alte Gau heißt. Er hat,
nach unserm Antrag zu schließen, die Kompetenz durchzugreifen
(gyrg^g/guoir ygrgodm, lin. 19) und vielleicht schon selbst Kriminal-
justiz zu üben^, jedenfalls eine polizeiliche Hilfe zu gewähren. Von
dem ordentlichen Jurisdiktionsbetriebe des Statthalters wird er
deutlich geschieden. Erst hatte jener als iudex ordinarius geholfen.
Jetzt wird gegen die erneute Störung der defensor angegangen.

* Z. Sav. St. 30, 401.
2 So v. BETHMANv-HoLLWEG, Gerichtsverfassung und Proxeß des
sink. röm. Reiches (1834) p. 124, widerrufen im Röm. Zivilprozeß 3, 107.
^ Diese ist deutlich erst anno 392 in den Rechtsküchern nachweisbar.
€od. Theod. 1, 29, 8.
 
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