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Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]; Partsch, Josef [Bearb.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 10. Abhandlung): Mitteilungen aus der Freiburger Papyrussammlung (2): Juristische Texte der römischen Zeit — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34081#0056
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Mitteiiungen aus der Freiburger Papyrussammlung. II. 49
So klar der Zusammenhang mit dem defensor piebis^ der späten
Konstitutionen ist, wird man doch nicht verkennen, daß in den
beiden Urkunden, die wir heute besitzen, ein Zug vöilig fehlt, der
für den späteren defensor der Kaiserkonstitutionen wesentfich ist:
ut plebs.contra potentiorum defendatur iniurias^, haben
die Kaiser das Defensorenamt ausgestaltet. Diese Richtung auf
den Kampf der unter der civitas stehenden Bevölkerungsteile
gegen die Patrociniumsherren tritt weder in der Zeit, um die es
sich handeit, noch in den beiden alten Urkunden zum defensor
civitatis hervor. Die ersten Spuren des Kampfes zwischen der
regeimäßigen Staatsverwaltung, die auf dem Gemeindeverbande
ruht, und den Grundherren, die zunächst ais Offiziere ihre Macht
ausbilden, sind für Ägypten erst Jahrzehnte später zu beobach-
ten^, und die Rede des Libanios, welche dieselben Verhäitnisse
kennzeichnet, ist jünger als das Jahr 388. Die Art, wie der Redner
dort vor dem Kaiser die Zustände schildert, zeigt, daß es sich nicht
um AVrhältnisse handelt, die schon über ein halbes Jahrhundert
alt waren.
In den Urkunden hat der defensor es mit ganz anderen Leuten
als den potentiores zu tun: in Oxyrhynchos handelt es sich um
einen Zank zwischen Nachbarn wegen eines geprügelten oder er-
schiagenen Schweines, und in P. Freiburg wird der defensor um
Hilfe gegen ein paar Feiiachen angegangen.
So sicher es ist, daß der defensor civitatis mit ähniichen Kom-
petenzen wie in der Kaisergesetzgebung schon vor 364 auftritt, wird
man sich die frühe Redeutung diesesAmtes dochwesentlich anders
vorstellen müssen als nach den Konstitutionen, weiche ein Schutz-
^ Ein anderer geschichtiicher Zug, der in den modernen Darsteilungen
eine Rolle spielt, beruht wohl nur auf einem Mißverständnis der Modernen.
Man spricht vom Defensor der städtischen Plebs, als gäbe es hier den Gegen-
satz zwischen der Stadt und dem offenen Lande. (KARLowA, Rgesch. 1,
896f. BoNFAVTE, Storia 2, 508f.) Aber wenn der defensor eine besondere
Beziehung zur civitas hat, ist das nur aus dem Staats-und Verwaltungsrecht
der Spätzeit zu erklären. Das ganze Reich besteht damals aus civitates,
indem die Munizipalordnung damals nach der gesetziichen Theorie das ganze
Land durchsetzt und das Yorland der Stadt nur territorium der civitas ist.
Vgl. PARTscn, Longi temporis praescriptio S. 551, heute GELZER, Studien
62, WiLCKEN, Grundzüge S. 77.
^ Cod. Theod. 1, 29, 1.
^ Cod. Theod. 11, 24, 1. (anno 360). Dazu GELZER, Studien S. 72.
Ferner P. Οχγ 1101 (anno 367/370), dazu LEWALD, Zeitschr. d. Sav. St.
32, 474.
 
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