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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0032
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32

ALFRED DOVE:

eroberung Italiens, es solle niemandem der Verlust von Urkunden
in captivitate gentmm, während der Haft bei den Barbaren, zum
Schaden gereichen^. Eben hierauf beruht es, daß auch gentilis
-— auf diese gentes, nicht auf seine gens bezogen — vollkommen
synonym mit barbarus verwendet wird: gentdis manus, Barbaren-
hand, hat Afrika vom römischen Staatskörper abgerissen; als
gentile murmur, Barbarengebrumm, erscheint dem Redekünstler
Ennodius der Ausruf westgotischer Kehlen; gentilia odia sind
Haßgefühle, wie sie nur Barbaren hegen können^. Als Hauptwort —
in der literarischen Sprache wohf nur in der Mehrzahl gebraucht —
sind gentiles, wie gesagt, barbarische Individuen. Ein Kaiser-
gesetz des 4. Jahrhunderts verbot bei Todesstrafe die Ehe zwischen
'Provinzialen und Gentilen oder Barbaren', wobei wohl vörnehm-
lich die Grenzlandschaften ins Auge gefaßt wurdenh 1ns Heer

^ Pragmat. sanctio a. 554 c. 3.
2 Jord. Get. 172.— Ennod. vit. Epiph. 89, \vo die Übersetzung fest-
steht durch die Parahelstehe dictio X, 12. — Greg. Tur. II, 9; gentilitium
odium der Franken gegen die Römer (Mir. S. Goaris bei WAiiz, Vfg. IH, 72
A. 2) ist dagegen 'Nationalhaß'. — Gentilicius empfahl sich überhaupt für
die Bedeutung 'national' (pertinens ad gentem), seitdem gentilis täglich im
Sinne von 'barbarisch' (oder 'heidnisch', wovon später, beidemal = pertinens
ad gentes) umlief. So heißt bei Orosius (VI, 21, 20) ein Nationalgeschenk
gentilicium munus. Vgl. jedoch u. S. 54, A. 1. — Gentilitasbeziehtsichals
Konkretum dann ebenfahs auf die gentes in der Mehrzahl und bezeichnet
demnach 'Barbarenschaft, Barbarentum' (Ammian. XXXI, 7, 11; Cassiod.
Var. III, 17) oder etwas milder 'Völkerwelt' (Cassiod. ib. II, 41). Von der
Bedeutung 'Heidentum' s. u. S. 53, A. 2.
^ C. Theod. III, 14 de nuptiis gentilium: nuhi provincialium, cujuscun-
que ordinis aut loci fuerit, cum barbara sit uxore conjugium, nec ulii genthium
provincialis femina copuletur. Quod si quae inter provinciales atque gen-
tiies adfinitates ex hujusmodi nuptiis exstiterint, quod in iis suspectum vel
noxium detegitur, capitaliter expietur. —- Die Interpretatio des Breviar.
Alaric. (III, 14, 1) sagt dafür: nuhus Romanorum barbaram cujusque
gentis uxorem habere praesumat neque barbarorum conjugiis muiieres
Romanae in matrimonio conjungantur etc. —' Die juristisch aherdings (wie
DAHN, Könige VP, 81 bewiesen) verfehlte Auslegung jenes Gesetzes v. 375
durch G. RiCHTER (Das weström. Reich unter Gratian usw. S. 681f.) scheint
mir wenigstens in bezug auf dessen politische Absicht das richtige zu treffen.
ATß. die Instruktion für den Reichsgrenzdienst bei Cassiodor (form. duc.
Rhaetiar. Var. VII, 4): ut nec gentiles sine discussione suscipias, nec nostros
ad gentes sub incuriositate transmittas. —- Der Opposition von Romanus
und barbarus im Edict. Theoderici entspricht der Gegensatz von ancilla
gentilis und Romana im Edict. Rotharis 194. — Den Singular des substantivi-
schen gentiles vermeiden die Gesetze durch nuhus gentilium oder ex gentili-
 
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