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ALFRED DOVE :
fsraeliten betrifft, so gehörten sie hinfort für die herrschende Weit-
anschauung weder zur einen noch zur anderen Seite. Sie ver-
schwanden gleichsam für das Entweder-oder der Logik in der
ungeheuren Kluft, die sie ehedem selbst in Gedanken zwischen
göttischem und abgöttischem Volkstum aufgerissen; es geschah
ihnen nach dem eigenen safomonischen Spruch: wer eine Grube
macht, der wird drein fallenh
Seit den Tagen des Paulus, des έΤνών κπόστοΑος, wie er sich
selbst, des doctor gentium, wie ihn die dankbare Nachwelt mit
Recht genannt haP, hallen nun diese Namen der 'Völker', will
sagen derHeiden, in der christlichenLiteratur unaufhörlichwieder,
und es ist für unseren Zweck unerläßlich, uns um das Schicksal
beider Wörter auch nach dieser Richtung hin wenigstens flüchtig
zu bekümmern. In mehr als einer Hinsicht kehren dabei Erschei-
nungen wieder, wie wir sie bereits bei dem Gebrauche von gentes
für die 'Barbaren' beobachtet haben; so zunächst gleich der äußere
ETnstand, der jedoch natürlich auf dem inneren Wesen der Sache
beruht, daß auc.h für gentes als 'Heiden' bisweilen, m ganz gleich-
wertiger Ubertragung, nationes gesetzt wircP, während jede son-
stige Stellvertretung durch andere Volksbegriffe sich auch in
diesem Falle — in beiden Sprachen — von selbst verbot. For-
mell bleiben ferner, ebenso wie die Bedeutung 'Barbaren' auf
gentes in der Mehrzahl beschränkt ward, auch τ& έθ-νη oder gentes,
wo sie auf die Heiden gehen, Pluraliatantum; nie kann durch έΕνος
^ Spr. 26, 27. — Die Juden bieiben natürlich auch für die Christen
historisch stets das ehemalige Gottesvolk und als solches in Antithese zu den
Heiden: Legem dedit Hebraeo populo suo, Hebraeo sermone conscriptam,
sed omnibus jam gentibus diffamatam (Aug. d. civ. D. XIX, 23); Christus
ad populum Israel prius venit, sed ad gentes transivit; conversio gentium
veteri popuio latebat (Isid. sentent. I, 14; 15) usw. — Die neuhebräische
Rabbinersprache hält an dem alten einfachen Gegensatze fest, indem sie auch
die Christen unter die Gojim rechnet.
2 R.öm. 11, 13; Aug. d. civ. D. XIY, 9 doctorem gentium in fide et
veritate in der schönen und überzeugenden Charakteristik des Paulus; doc-
tores paganorum ebd. IY, 11 sind dagegen die heidnischen Lehrer, die Philo-
sophen.
^ Nationes, das auch in der Yulgata dann und wann anstatt gentes für
έΰνη steht (z. B. Apg. 10, 14), wird von den lateinischen Apologeten anschei-
nend vorgezogen; so schrieb Tertullian ad nationes, Arnobius adversus natio-
nes. Doch erwähnt Hieronymus die Schrift des ersteren als contra gentes
libri, die des letzteren als adversum gentes volumina oder iibri (ep. 70, 5;
de vir. illustr. 79).
ALFRED DOVE :
fsraeliten betrifft, so gehörten sie hinfort für die herrschende Weit-
anschauung weder zur einen noch zur anderen Seite. Sie ver-
schwanden gleichsam für das Entweder-oder der Logik in der
ungeheuren Kluft, die sie ehedem selbst in Gedanken zwischen
göttischem und abgöttischem Volkstum aufgerissen; es geschah
ihnen nach dem eigenen safomonischen Spruch: wer eine Grube
macht, der wird drein fallenh
Seit den Tagen des Paulus, des έΤνών κπόστοΑος, wie er sich
selbst, des doctor gentium, wie ihn die dankbare Nachwelt mit
Recht genannt haP, hallen nun diese Namen der 'Völker', will
sagen derHeiden, in der christlichenLiteratur unaufhörlichwieder,
und es ist für unseren Zweck unerläßlich, uns um das Schicksal
beider Wörter auch nach dieser Richtung hin wenigstens flüchtig
zu bekümmern. In mehr als einer Hinsicht kehren dabei Erschei-
nungen wieder, wie wir sie bereits bei dem Gebrauche von gentes
für die 'Barbaren' beobachtet haben; so zunächst gleich der äußere
ETnstand, der jedoch natürlich auf dem inneren Wesen der Sache
beruht, daß auc.h für gentes als 'Heiden' bisweilen, m ganz gleich-
wertiger Ubertragung, nationes gesetzt wircP, während jede son-
stige Stellvertretung durch andere Volksbegriffe sich auch in
diesem Falle — in beiden Sprachen — von selbst verbot. For-
mell bleiben ferner, ebenso wie die Bedeutung 'Barbaren' auf
gentes in der Mehrzahl beschränkt ward, auch τ& έθ-νη oder gentes,
wo sie auf die Heiden gehen, Pluraliatantum; nie kann durch έΕνος
^ Spr. 26, 27. — Die Juden bieiben natürlich auch für die Christen
historisch stets das ehemalige Gottesvolk und als solches in Antithese zu den
Heiden: Legem dedit Hebraeo populo suo, Hebraeo sermone conscriptam,
sed omnibus jam gentibus diffamatam (Aug. d. civ. D. XIX, 23); Christus
ad populum Israel prius venit, sed ad gentes transivit; conversio gentium
veteri popuio latebat (Isid. sentent. I, 14; 15) usw. — Die neuhebräische
Rabbinersprache hält an dem alten einfachen Gegensatze fest, indem sie auch
die Christen unter die Gojim rechnet.
2 R.öm. 11, 13; Aug. d. civ. D. XIY, 9 doctorem gentium in fide et
veritate in der schönen und überzeugenden Charakteristik des Paulus; doc-
tores paganorum ebd. IY, 11 sind dagegen die heidnischen Lehrer, die Philo-
sophen.
^ Nationes, das auch in der Yulgata dann und wann anstatt gentes für
έΰνη steht (z. B. Apg. 10, 14), wird von den lateinischen Apologeten anschei-
nend vorgezogen; so schrieb Tertullian ad nationes, Arnobius adversus natio-
nes. Doch erwähnt Hieronymus die Schrift des ersteren als contra gentes
libri, die des letzteren als adversum gentes volumina oder iibri (ep. 70, 5;
de vir. illustr. 79).