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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0058
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58

ALFRED DOVE:

herzugedrängt. Und nicht anders wird es höchst wahrscheinlich
in ähnlichen Fällen meist gegangen sein. Die vocatio gentium ward
allerdings in dieser kürzeren Fassung, ohne den Zusatz omnium,
zur stehenden kirchlichen Redensart; und wir können nicht umhin,
sie in unsere Sprache durch 'Berufung der Heiden^ zu übersetzen^.
Allein wir dürfen annehmen, daß, wo es sich um ihre Verwirklichung
handelte, wo, erfüllt von dem Drange, die frohe Botschaft nach
der Vorschrift des Herrn allen Völkern zu verkünden, der Priester
der griechischen oder römischen Kirche den Weg der Heiden-
mission betrat — wir dürfen annehmen, daß ihm da bei dem
Namen ε&νη oder gentes doch auch die Völker in ihrer lebendigen
nationalen Erscheinung vor der Seele standen, die Völker, die,
bisher vom Dunkel bedeckt, von nun an im Licht wandeln solb
tenL So faßt nach Bedas Erzählung Ecgberit den Entschluß,
verbum Dei aliquibus earum, quae nondum audierant, gentibus
evangelizando committere, quarurn in Germania plurimas cogno-
verat esse nationes^. Diese freundlichere VorsteHung der Heiden-
schaft als der noch nicht bekehrten, wohl aber zur Bekehrung
berufenen Völkerwelt, mußte sich an die Namen ehvp und gentes
offenbar desto fester heften, wenn neben ihnen für das Heidentum
an sich, in seiner verwerflichen Gestalt, in seinem unverantwort-
lichen Dasein und Wesen, noch andere, besondere Bezeichnungen
vorhanden waren oder aufkamen; und dies war m der Tat der Fall.

^ 8. die Kapitelüberschriften bei Isidor de fide catholica contra Judaeos:
II, 1 de gentium vocatione; 2 cunctis gentibus in Christum credere jussum
est; 3 Judaei et gentes ad Christum vocantur; 4 de vocatione gentium ad
fidem ante Judaeos; 7 ob incredulitatem Judaeorum Christus ad gentes erat
transiturus; 8 quia projectis Judaeis gentes introierunt. — Übrigens kann
omnes (oder cunctae) gentes nattirlich auch 'ahe (oder die ganzen) Heiden'
bedeuten; erst der Zusammenhang lehrt, ob so oder vielmehr 'alle Völker'
zu übersetzen ist.
2 Jes. 60, 2—3, wo gentes wegen der Gleichsetzung mit populi und
der Gegenüberstellung von reges unausweichlich auf die Idee der 'Heiden-
völker', nicht der Heiden schlechthin, bezogen werden mußte.
s H. ecch V, 9; ebd. vom einzelnen Volk der Friesen genti ihi ac regi
ejus Rathbedo verbum salutis praedicabat u. c. 11 in gente, cui praedicaret;
zugleich jedoch hart neben diesen direkt auf die Völker bezugnehmenden
Stellen der allgemeine Ausdruck für Heidenpredigt: c. 10 ad praedicandum
gentibus venire; c. 11 desideratum evangelizandi gentibus opus. — Sehr ent-
schieden wiegt beilsid.de ecciesiast. offic. 11,23 (s. o. 8.17,A. 1) dieldee der
Mission an die 'Völker' (omnes gentes, nullagens, nullalingua, singulas quasque
nationes) vor.
 
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