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Dove, Alfred; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1916, 8. Abhandlung): Studien zur Vorgeschichte des deutschen Volksnamens — Heidelberg, 1916

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https://doi.org/10.11588/diglit.34079#0061
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Studien zur Yorgeschichte des deutschen Vorksnamens.

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größtenteils dem faktischen Znstand m der westlichen Reichs-
hälfte entsprach, wurde es allmähhch zum technischen Namen für
die heidnischen Reichseingesessenen nn fatemischen Text der
Staatsedikte. Eben diese deorum falsorum multorumque cultores,
quos usitato nomine paganos vocamus, wie Augustinus sagE,
erhoben dann nach der Plünderung Roms durch Alarich noch em-
maf vom römisch-patriotischen Standpunkt aus lhre Stimme
wider das Christentum. Gegen sie schrieh daher der gewaltige
Afrikaner seine Bücher vom Gottesstaat; ausdrückfich adversum
paganos sind die zu gleichem Zwecke verfaßten Historien des Oro-
sius betitelt. In der Vorrede fügt der letztere freilich der Bezeich-
nung seiner Gegner als pagani ein sive gentiles hinzu und wech-
selt auch sonst nicht ungern mit beiden Ausdrücken abh Und so
ist denn überhaupt an eine schroffe Scheidung zwischen lhnen nicht
zu denken, im Gegenteif: der neue Name ist zur Bereicherung der
Rede neben dem alten wdikommen. Auch gentilis war in christ-
lichem Munde niemals ein Kosewort gewesen, und paganus verlor
umgekehrt durch Abnutzung allmählich ein gut Teif seiner ver-
ächtiichen Schärfe; weit weniger speziell gefärbt, als "EXZp'q
schickte es sich weit leichter zu genereller Übertragung auf jeden
heidnischen Menschen in aller Welt. Trotz alledem bleibt, wie
zwischen dem späteren "Ελλψ und έΤνί.χός, so auch zwischen
paganus und gentilis im großen und ganzen genommen ein fühl-
barer Unterschied. Jenes bezieht sich — relativ gesprochen — auf
die Heiden durch Schuid, dies auf die durch Schicksal; die Paga-
nen erwecken mehr Zorn unci verdienen eher Strafe, die Gentilen
erregen überwiegendes Mitleicf uncf vor alien Dingen Hoffnung
auf ihren gutwilligen Übertritt.
Wieviei mehr nun, wir wiederholen es, empfingen erst die
Namen έΤνη und gentes selber, gleichsam im Widerscheine der
Heidennamens mit den von jeher so benannten sacra paganorum (s. MAR-
QUARDT, Röm. Staatsverw. III, 192ff.) ist deswegen nicht zu denken, weii
diese ländlichen Gaugottesdienste neben den Haupterscheinungen des heid-
nischen Lebens doch zu wenig ins Auge fielen. Anders urteilt GoTHOFREDUs
im Kommentar zu Cod. Theod. XVI, 10.
1 Retract. II, 43, 1.
2 H. I prol. 9; λ^ΙΙ, 33, 16—18. — Cf. Cod. Theod. XVI, 5, 46 v. J.
409: Gentiles, quos vulgo paganos appellant; ib. 10, 21 v. J. 416: quiprofano
pagani ritus errore seu crimine polluuntur, hoc est gentiles. Man sieht, wie
beideAusdrücke auch in den Gesetzen noch eine Weile neben einander her-
laufen.
 
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